Reaktionszeit

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Begriff


Als Reaktionszeit wird die Zeitspanne zwischen einer Aktion und einer Reaktion bezeichnet. Sie wird auch als Verzögerungs- oder Latenzzeit bezeichnet.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Die Reaktionszeit, das messbare Element im Actionspiel, ein Parameter, der maßgeblich den Erfolg der Spielfigur und damit das Spielgeschehen bestimmt, wird ergründet in der Experimentalpsychologie. Der Begriff der Latenzzeit (aus dem lateinischen "latere" = verborgen) ist aus medienwissenschaftlicher Sicht noch interessanter, da er den Zeitraum zwischen einer verborgenen Aktion und einer sichtbaren Reaktion beschreibt. Noch verborgener als die Aktion bleibt jedoch der Prozess selbst. Die Datenübertragung, die Signalverarbeitung, die Kommunikation zwischen Mensch und Maschine sind in einer Black Box verborgen. Die Zeitspanne, die zwischen Aktion und Reaktion vergeht, ist so kurz, dass sie durch menschliche Sinne kaum oder nicht wahrnehmbar und so die Illusion einer instantanen Interaktion entsteht.

Neben dieser Betrachtung besteht aber auch ein sehr realer Zusammenhang zwischen Action und Reaktionszeit. Eine klassische Versuchsanordnung zur Messung der Reaktionszeit besteht darin, einen Hinweisreiz zu setzen, der ein optisches oder akustisches Signal ankündigt; die Versuchsperson ist instruiert, daraufhin so schnell wie möglich auf das Signal zu reagieren - z.B. durch das Drücken einer Taste (siehe Chronoskop). Dieses einfache Experiment ähnelt in seiner Systematik stark dem klassischen Actionspiel, es verlangt die gleiche Reaktion und Operation von der Versuchsperson wie das Actionspiel von Spieler_innen. Und bei dem Blick auf die Struktur des Messens zeigt sich die Parallele: Im Actionspiel wird der Computer zum Messgerät des Menschen.

Die Messungen und Betrachtungen der menschlichen Reaktionszeit gehen auf Hermann von Helmholtz zurück. Er stellte in der Mitte des 19. Jahrhunderts seine "Versuche[...], deren Zweck es ist, die Dauer verschiedener, schnell vorübergehender Vorgänge des lebenden Körpers mittels der verfeinerten Zeitmessungsmethoden der neueren Physik kennen zu lernen"[1] vor. Bei seinen Experimenten ermittelte Helmholtz, dass bei Zeitunterschieden < 1/10 Sekunde[2] der menschliche Hör- und Sehsinn versagt. Hier werden einerseits technische Mittel nötig, um kleinere Einheiten wahrzunehmen, andererseits ermöglicht diese "Trägheit" menschlicher Wahrnehmung überhaupt erst die Überlistung der Technik. So nehmen wir Filme als Fluss und nicht als Abfolge einzelner Bilder war. Und wir hören Töne und nicht einzelne Schwingungen. Dass wir Melodien und nicht nur einzelne Töne hören, liegt jedoch am Gedächtnis, dem menschlichen Kurzspeichervermögen.


Weiterführendes


Zur Verzögerung durch menschliche Reaktionszeit waren vor allem die Beobachtungen des Atronoms Friedrich Wilhelm Bessels ausschlaggebend. Siehe hierzu: Pendel.

Die "Reaktionszeit" des Computers ist abhängig von der Rechnerarchitektur und der Taktrate. Zur Zeitachsenmanipulation mit dem Ziel der Optimierung bzw. Steuerung bestimmter Übertragungsprozesse wird die Verzögerungszeit ggf. beinflusst (siehe Mercury Delay Line)


Artefakte


Chronoskop, Pendel


Textverweise


  1. Hermann von Helmholtz: Ueber die Methoden, kleinste Zeittheile zu messen, und ihre Anwendung für physiologische Zwecke. In: Königsberger Naturwissenschaftliche Unterhaltungen. Königsberg 1848. S. 169.
  2. Mittlerweile wurde bemessen, dass Menschen Bilder hintereinander als fließend wahrnehmen ab einer Frequenz von 14-16 Bilder pro Sekunde (fps). Aktuelle Bildwechselfrequenzen sind 24 Hz (bei vielen Kinofilmen), 48 Hz (bei aufwendig produzierten neuen Kinofilmen und bei 3D-Kino), 50–60 Hz (beim Fernsehen) und 60-240 Hz (bei Computerspielen). (vgl. "Bildfrequenz". Online unter: https://de.wikipedia.org/wiki/Bildfrequenz. Zuletzt abgerufen am: 28.10.2017.