Mercury Delay Line

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Begriff


Die "Mercury Delay Line" ist eine spezielle Umsetzung der "Delay Memory". Anwendung fand diese Methode vor allem zu Beginn von Rechenmaschine als kostengünstigere Alternative zu sonst üblichen Arbeitsspeicher in Form von elektrischen Spannungsunterschieden. Verzögerungsleitungen (englisch delay line, korrekt: Laufzeitleitung) dienen der Zeitverschiebung (siehe auch: Zeitachsenmanipulation) oder temporären Speicherung (Laufzeitspeicher) eines seriellen Signals mittels der Signallaufzeit in einer elektrischen Leitung bestimmter Länge oder auch in einer akustischen Übertragungsstrecke. Die Verzögerungszeit ergibt sich aus der Länge der Leitung, dem Material der Leitung und Wellengeschwindigkeit (siehe dem entgegen: Reaktionszeit des Menschen). Die Leitung kann dabei elektromagnetisch, elektronisch, akustisch oder mechanisch beschaffen sein.

Idealschaltung Mercury Delay Line.png


Geschichte und Funktion


1948 beschreibt T. Kite Sharpless den Quecksilber-Laufzeitspeicher als ökonomisch sinnvolle Form des Arbeitsspeichers für Großrechner. Kernüberlegung ist, statt Informationen auf einem Bauteil mithilfe elektrischer Spannung in zwei stabilen Zuständen zu speichern, die Durchlaufzeit der Informationen als Speicher zu verwenden. Kernstück dieses Speichers ist daher eine mit Quecksilber gefüllte Röhre. An beiden Enden der Röhre sind Quarzkristalle angebracht, die bekanntlich angeregt durch elektrische Impulse, mechanische Schwingung erzeugen, logischerweise in der selben Frequenz wie das elektrische Ausgangssignal. Das nun im Bereich der Ultraschallwellen befindliche Signal setzt sich mit einer langsameren Geschwindigkeit im Quecksilber bis zum zweiten Quarzkristall fort bei dem das Signal wiederum in ein elektrisches Signal übersetzt wird. Dieses Signal muss nach jedem Durchgang wieder etwas verstärkt werden und mit einem Standard Puls re-synchronisiert werden. Entsprechend wurde nun das Signal mit oder ohne Modifikation erneut durch den Speicher geschickt. So konnte ein Speicher alleine mittels einer bestimmten Länge der Leitung, akustischen Signalen und seiner Umlaufzeit realisiert werden.[1] Nachteil des Speichers ist, dass nicht gezielt auf bestimmte Adressen zugegriffen werden konnte. Es musste immer die Zahl von Takten abgewartet werden, damit das Signal das Ende erreicht hatte und ausgelesen werden konnte.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Delay Memorys sind gute Beispiele dafür, wie wichtig Zeitlichkeit in bestimmten Medienkomplexen ist und das zugrundeliegende Logiken technischer Medien nicht zwangsläufig auf eine bestimmte Materialität beschränkt sind. Das Wissen um Durchlaufzeiten und die besonderen Eigenschaften von Quarzkristallen ermöglichen hier eine Realisierung von Speichern mithilfe von Material, welches sonst nicht als Speichermedium präsent wäre. Als medienwissenschaftliches Anschauungsobjekt macht die Mercury Delay Line deutlich, wie nah der Computer an ionischen Momenten teilhat. "Eine 2 Meter lange Röhre hatte dementsprechend 1ms Verzögerung und konnte 1000bit speichern. Wären die Frequenzen nicht zu hoch und die Delay Lines nicht in einem Backofen mit konstanten 100°F betrieben worden, so hätte man den Arbeitsspeicher bei der Arbeit hören können."[2] Die Eigenzeitlichkeit dieses Speichers ist besonders interessant, da hier Zeit und Dauer sozusagen als der Speicher selbst agieren.

Textverweise


  1. T. Kite Sharpless, Mercury delay lines as a memory unit, In: Proceedings of a Symposium on Large-Scale Calculating Maschinery, Cambridge, Mass. (Harvard University Press) 1948.S. 103-109
  2. Claus Pias, Computer Spiel Welten. Berlin/Zürich 2002. S. 4. Online unter: ftp://ftp.uni-weimar.de/pub/publications/diss/Pias/pias.pdf (zuletzt abgerufen: 01.09.2017). S.55