Konfidenzintervall für die Differenz zweier Erwartungswerte/Beispiel: Benzinverbrauch
Aus MM*Stat
Beispiele
Benzinverbrauch
Der Automobilclub ADAC will eine Aussage über die Differenz des mittleren Benzinverbrauchs pro 100 km bei Fahrten auf Autobahnen für zwei vergleichbare Typen von Personenkraftwagen der Hersteller und treffen.
Zu diesem Zweck soll ein Konfidenzintervall für die Differenz der beiden Erwartungswerte zum Konfidenzniveau bestimmt werden.
Bevor die Stichproben gezogen werden können, sind einige statistische Überlegungen notwendig.
- Es sei bekannt, dass die Zufallsvariablen
- Benzinverbrauch pro 100 km des Autos vom Hersteller
- Benzinverbrauch pro 100 km des Autos vom Hersteller
normalverteilt sind mit den unbekannten Erwartungswerten bzw. und den unbekannten Varianzen bzw. .
- Des weiteren kann nicht von einer Gleichheit der Varianzen in den beiden Grundgesamtheiten ausgegangen werden. Um jedoch für das Konfidenzintervall mit der Normalverteilung arbeiten zu können, müssen die Stichprobenumfänge und sein.
- Da die Gesamtproduktion des jeweiligen Autotyps bei beiden Herstellern (Grundgesamtheiten) sehr groß ist, spielt es keine entscheidende Rolle, ob das Zufallsauswahlmodell mit oder ohne Zurücklegen angewandt wird, so dass von der Realisierung einfacher Zufallsstichproben ausgegangen werden kann.
- Aufgrund der Problemstellung kann die Unabhängigkeit der beiden Zufallsstichproben unterstellt werden.
Daraus folgt, dass das Konfidenzintervall für die Differenz gemäß
bestimmt werden kann mit näherungsweisem Konfidenzniveau
Aus der Tabelle der Verteilungsfunktion der N(0;1)-Verteilung findet man .
Es werden vom ADAC 36 Autos des Herstellers und 40 Autos des Herstellers unter gleichen Bedingungen getestet, die zu folgenden Stichprobenergebnissen führten:
Als Schätzintervall resultiert:
Da ein hohes Konfidenzniveau vorgegeben wurde, wird unterstellt, eines der Schätzintervalle erhalten zu haben, dass die wahre Differenz enthält.
Dieses Schätzintervall überdeckt nicht den Wert 0, so dass von einem statistisch bedeutsamen (signifikanten) Unterschied zwischen und auf dem verwendeten Konfidenzniveau ausgegangen werden kann.
Kassakurs
Die X-AG will den Kurs ihrer Aktien an zwei deutschen Wertpapierbörsen (Frankfurt und Berlin) analysieren.
In den Vergleich wird u.a. der Kassakurs, der einmal täglich um 12.00 Uhr an beiden Börsen ermittelt wird, einbezogen. Hierbei interessiert insbesondere eine Aussage über die Differenz der mittleren Kassakurse beider Börsen.
Neben einer Punktschätzung für die unbekannte Differenz der mittleren Kassakurse soll ein Konfidenzintervall zum Konfidenzniveau angegeben werden.
Die Zufallsvariablen der beiden Grundgesamtheiten sind:
Kassakurs an der Frankfurter Wertpapierbörse
Kassakurs an der Berliner Wertpapierbörse,
mit den unbekannten Erwartungswerten bzw. und den unbekannten Varianzen bzw. .
Zu Demonstrationszwecken sei angenommen, dass
- die Kursfestsetzung an beiden Börsenplätzen unabhängig voneinander erfolgt,
- die Varianzen in beiden Grundgesamtheiten gleich sind (Varianzhomogenität).
Aus jeder Grundgesamtheit wird eine Zufallsstichprobe gezogen, mit dem Umfang in Frankfurt und mit dem Umfang in Berlin.
Damit eine tägliche Notierung nicht wiederholt in die Stichprobe gelangt, wird das Zufallsauswahlmodell ohne Zurücklegen angewandt.
Da die X-AG bereits seit längerer Zeit an beiden Börsen gehandelt wird, können die Grundgesamtheiten als sehr groß angesehen werden.
Es spielt deshalb keine entscheidende Rolle, ob das Zufallsauswahlmodell mit oder ohne Zurücklegen angewandt wird, so dass von der Realisierung einfacher Zufallsstichproben ausgegangen werden kann.
Aufgrund obiger Annahmen kann außerdem die Unabhängigkeit der beiden Zufallsstichproben unterstellt werden.
Um in diesem Beispiel verschiedene Möglichkeiten der Konstruktion von Konfidenzintervallen für die Differenz zweier Erwartungswerte demonstrieren zu können, wird die Annahme über die Verteilung der Zufallsvariablen und in folgender Weise variiert:
- und sind normalverteilt (was zugestandenermaßen nicht sehr realitätsnah ist),
- die Verteilungen von und sind unbekannt.
Normalverteilte Zufallsvariablen
Aufgrund der Voraussetzungen gilt:
und .
Als standardisierte Zufallsvariable wird
verwendet, die einer t-Verteilung mit der Anzahl der Freiheitsgrade folgt.
Bei Gültigkeit der genannten Voraussetzungen und unbekannten gleichen Varianzen ist
ein Konfidenzintervall für die Differenz der Erwartungswerte der beiden Kassakurse zum Konfidenzniveau
Für das vorgegebene Konfidenzniveau , findet man aus der Tabelle der Verteilungsfunktion der t-Verteilung.
Aus beiden Grundgesamtheiten wird an gleichen Tagen eine uneingeschränkte Zufallsstichprobe vom Umfang täglichen Kassakursen (in DM) gezogen, die zu folgenden Stichprobenwerten (Spalten 2 und 3 der nachstehenden Tabelle) führten.
Kassakurse an der Frankfurter Börse | Kassakurse an der Frankfurter Börse | |||
1 | 18,50 | 18,45 | 0,0841 | 0,1296 |
2 | 19,00 | 18,90 | 0,0441 | 0,0081 |
3 | 18,70 | 18,80 | 0,0081 | 0,0001 |
4 | 19,30 | 19,50 | 0,2601 | 0,4761 |
5 | 17,10 | 17,30 | 2,8561 | 2,2801 |
6 | 18,30 | 18,10 | 0,2401 | 0,5041 |
7 | 18,60 | 18,80 | 0,0361 | 0,0001 |
8 | 19,00 | 18,85 | 0,0441 | 0,0016 |
9 | 19,40 | 19,50 | 0,3721 | 0,4761 |
10 | 20,00 | 19,90 | 1,4641 | 1,1881 |
Daraus ergeben sich gemäß
die Punktschätzungen für und
und gemäß
die Punktschätzungen für und :
Wegen der unterstellten Varianzhomogenität in beiden Grundgesamtheiten ergibt sich eine Punktschätzung für die gemeinsame Varianz (pooled variance) als gewogenes arithmetisches Mittel aus den beiden Stichprobenvarianzen:
Als Punktschätzung für , der Varianz der Differenz der beiden Stichprobenmittelwerte resultiert:
Die Standardabweichung ist somit .
Der Freiheitsgrad beträgt und aus der Tabelle der t-Verteilung kann man ablesen, dass .
Mit diesen Ergebnissen kann das Schätzintervall für die Differenz der beiden Erwartungswerte der Kassakurse ermittelt werden:
Da ein hohes Konfidenzniveau vorgegeben wurde, kann unterstellt werden, eines der Schätzintervalle erhalten zu haben, dass die wahre Differenz und enthält.
Das errechnete Schätzintervall überdeckt den Wert 0, so dass von einem statistisch nicht bedeutsamen Unterschied zwischen dem mittleren Kassakurs der Frankfurter Börse und dem mittleren Kassakurs der Berliner Börse auf dem verwendeten Konfidenzniveau ausgegangen werden kann.
Unbekannte Verteilung der Zufallsvariablen
Es wird nun die Voraussetzung der Normalverteilung der beiden Zufallsvariablen und fallen gelassen.
Die Konsequenz ist, dass keine Aussage über die Verteilung der beiden Stichprobenmittelwerte und und damit über ihre Differenz getroffen werden kann.
Um dennoch ein Konfidenzintervall für die Differenz der Erwartungswerte der beiden Kassakurse konstruieren zu können, müssen beide Stichprobenumfänge und gewählt werden, damit der Zentrale Grenzwertsatz wirksam wird.
Die standardisierte Zufallsvariable
ist dann approximativ standardnormalverteilt. Bei Gültigkeit der genannten Voraussetzungen und unbekannten gleichen Varianzen ist
ein Konfidenzintervall für die Differenz der Erwartungswerte der beiden Kassakurse zum approximativen Konfidenzniveau
Für das vorgegebene Konfidenzniveau findet man aus der Tabelle der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung
Aus beiden Grundgesamtheiten wird eine uneingeschränkte Zufallsstichprobe vom Umfang täglichen Kassakursen (in DM) gezogen.
Als Punktschätzungen habe sich ergeben:
Wegen der unterstellten Varianzhomogenität in beiden Grundgesamtheiten ergibt sich für die Punktschätzung der gemeinsamen Varianz:
Als Punktschätzung für , der Varianz der Differenz der beiden Stichprobenmittelwerte resultiert:
Die Standardabweichung ist somit .
Für das Schätzintervall der Differenz der beiden Erwartungswerte der Kassakurse resultiert:
Die Interpretation ist analog zur 1. Version zu führen.
Vergleicht man beide Versionen dieses Beispiels miteinander, so kann folgendes konstatiert werden:
- In der 1. Version liegen mehr Informationen über die Grundgesamtheiten vor als in der 2. Version.
- Die Differenz der beiden Stichprobenmittelwerte und die gemeinsame Varianz bewegen sich in beiden Versionen in etwa gleichen Größenordnungen.
- Die Varianz bzw. die Standardabweichung der Differenz der Stichprobenmittelwerte ist in der 2. Version deutlich kleiner als in der 1. Version. Dies ist offensichtlich auf die wesentlich größeren Stichprobenumfänge zurückzuführen.
- Die Länge des Schätzintervalls ist in der 2. Version deutlich kleiner als in der 1. Version.
Die fehlende Information über die Grundgesamtheit äußert sich darin, dass das Konfidenzniveau nur approximativ gilt.
In welchem Ausmaß das wirkliche Konfidenzniveau vom approximativen abweicht, kann nicht gesagt werden.