§99

Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik

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Spaltsätze

(1) Als Spaltsatz (engl. die „Cleft Sentence“) wird ein Satz vom Typ „Es war Atum, welcher die Welt erschaffen hat“ bezeichnet, in dem das Subjekt (‘Atum’) als markiertes Thema am Satzanfang, d.h. als „Topik“, steht und das Prädikat als Relativsatz (‘welcher die Welt erschaffen hat’) folgt. Im Mittelägyptischen hat der Spaltsatz folgende Form:

Topik Prädikat
jn (𓇋‌𓈖) + nominales Subjekt
(vgl. §82)
oder
jnk, ntk, … (Selbständiges
Personalpronomen)
rḏ(j) tʾ
‘welcher/e Brot gegeben hat
Neutrales Partizip Aktiv, m.sg
ḏḏ(.ï) tʾ
‘welcher/e Brot gibt
Distributives Partizip Aktiv, m.sg
rḏ(j.w)⸗j/⸗k/…
(dtsch. Übertragung:)
‘welcher/e Brot geben wird
Posterior, kongruierend


Die Partizipien kongruieren in diesem prädikativen Gebrauch weder im Genus noch im Numerus mit dem Subjekt (vgl. den Fall des Adjektivalsatzes, §57). Sie erscheinen immer unmarkiert, d.h. in der m.sg-Form. Wie sonst auch entspricht ein Neutrales Partizip im Spaltsatz statistisch häufiger einer Vergangenheitsaussage, ein Distributives Partizip häufig einer präsentischen oder zeitlosen Aussage, als umgekehrt.

Beispiele:
[Topik] [Prädikat]
𓇋‌𓈖 𓊹𓅆 𓁹𓂋 𓇋𓈎𓂋‌𓏛 (Allen 2010: 338)
jn nṯr jrr(.ï) jqr
agens Gott:m.sg tun:ptzp.distr.m.sg Vortreffliches:m.sg
(‘Gott (ist/war es), der Vortreffliches zu machen pflegt/pflegte.’; mit DPA)
‘Gott ist es, der den Erfolg bringt.’


[Topik] [Prädikat]
𓏌𓎡 𓁹 𓍿𓈖 (Allen 2010: 338)
jnk jr(j) ṯn
1sg tun:ptzp.m.sg 2sg.f//2pl
(‘Ich (bin/war es), der dich/euch macht/gemacht hat.’; mit NPA)
‘Ich bin es, der dich/euch geschaffen hat.’

Da die Spaltsatz-Konstruktion Subjekte topikalisiert, d.h. als Thema markiert an den Satzanfang platziert, ist sie besonders beliebt bei ‘Wer?’-Fragen.

[Topik] [Prädikat]
𓇋‌𓈖 𓅓𓂝 𓂋𓆑 𓏎‌𓈖𓆑 𓈖𓀀 𓋴𓏭 (Allen 2010: 339)
jn m rf jn(j.w)⸗f n⸗j
agens wer? ptkl bringen:post=3sg.m für=1sg 3sg.f
(‘Wer (ist/war es) denn, er wird sie mir bringen?’); angemessene Übertragung:
‘Wer wird sie mir denn dann bringen?’

Die Topik-Phrase 𓇋‌𓈖 𓅓𓂝 jn m ‘Wer (ist/war es), …?’ wird auch abkürzend 𓈖𓅓𓂝 (j)n-m geschrieben.

(2) Der Spaltsatz wird (wie der Nominalsatz, vgl. §64) mit der umklammernden Negation n(j) … js negiert.


(3) Verwechselbarkeit

(Dieser Abschnitt kann ggf. zunächst übergangen werden.)

Der Spaltsatz ähnelt einem zweigliedrigen Nominalsatz (§62, §64), von dem er sich aber auch charakteristisch unterscheidet:

a) hinsichtlich der Markierung des nominalen Subjekts, vgl.:

jn (J)tm(w) jr(j) st ‘(Es war) Atum, der es geschaffen hat.’ (Spaltsatz mit jn)
jr(j) pw st (J)tm(w) ‘Atum (war) der, der es geschaffen hat.’ (Nominalsatz mit pw)


b) hinsichtlich der Kongruenz von Subjekt und Partizip, vgl.:

nts jrr(.ï) st ‘Sie (war es), die es geschaffen hat.’ (Spaltsatz ohne kongruierendes Partizip)
nts jrr.t st ‘Sie (war) die, die es geschaffen hat.’ (Nominalsatz mit kongruierendem Partizip)


c) hinsichtlich der Kongruenz von Topik und Personalpronomina in der Partizipialphrase, vgl.:

jnk jr(j) nn n jt(j)⸗j ‘Ich (war es), der dies für („meinen“→) seinen Vater getan hat.’
(Spaltsatz mit voll kongruentem rückbezüglichen Personalpronomen)
jnk jr(j) nn n jt(j)⸗f ‘Ich (war) der, der dies für seinen Vater getan hat.’
(Nominalsatz mit rückbezüglichem Personalpronomen in der 3. Person).

Literaturhinweise

Allen (²2010: ch. 23.13–14); Schenkel (⁵2012: Kap. 8.5.2).

Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).


Übungseinheit

Nach diesem Paragraphen können Sie Übung 23: Partizipien und Relativsätze machen.



Zitieren Sie diese Version dieser Seite:

Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§99", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A799%26oldid=721 (Zugriff: 10.1.2024).

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