§5

Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik

Wechseln zu: Navigation, Suche
← zurück §4 weiter §6 →

Nicht-Schreibung von Halbkonsonanten/Halbvokalen

Halbkonsonanten/-vokale

Neben eindeutigen „Vokalen“ (Selbstlauten, z.B. [a], [o]) und eindeutigen „Konsonanten“ (Mitlauten, z.B. [t], [p]) gibt es einige Laute, die weder eindeutig Vokal noch eindeutig Konsonant sind: [j]/[i̯] und [w]/[u̯]. Diese bezeichnet man als „Halbkonsonanten“/„Halbvokale“ oder Gleitlaute (engl. „glides“). Auch können einige selbstlautende Konsonanten wie ein Vokal fungieren, z.B. [m̥], [n̥].

Gemäß dem Grundsatz, dass die hieroglyphisch-ägyptische Schrift zuallererst nur die Konsonanten eines Wortes wiedergibt, können bestimmte Halbkonsonanten/Halbvokale in der Schreibung vom ägyptischen Schreiber optional ausgelassen werden: insbesondere w, j, ï, und y. (Achtung: und sind hingegen nur in der modernen Behelfsaussprache Vokale, waren in Wirklichkeit aber Konsonanten; siehe §3 (2).)


(1) Die Halbkonsonanten (= Halbvokale) w (/w/), j (/j/, /ʔ/), und y (/j/) werden eher selten, der Halbvokal/-konsonant ï (/iː/, /j/) eher häufig in der Schreibung ausgelassen.

Beispiele:

𓎛𓆑‌𓄿𓅱𓆙 , seltener 𓎛𓆑‌𓄿𓆙
ḥ-f-ꜣ-w-Schlange ḥ-f-ꜣ-Schlange Schreibungsanalyse
ḥfꜣw ḥfꜣ(w) Transkription
‘Schlange’


𓇋𓂋𓏭𓀹 , in älteren Texten normalerweise 𓇋𓂋𓀹
j-r-ï-Hüter   j-r-Hüter
jr.ï   jr(.ï)
‘Gefährte; Hüter’    


(2) In bestimmten Fällen rekonstruieren Forschende heute aus verschiedenen Gründen in bestimmten Wörtern auch Halbkonsonanten, die in den originalen hieroglyphisch-ägyptischen Schreibungen nie oder so gut wie nie geschrieben sind.

Beispiele:

𓂋𓂝𓇳 , niemals 𓂋𓂝𓅱𓇳
r-ꜥ-Sonne   r-ꜥ-w-Sonne
Rꜥ(w)   Rꜥw
‘(Gott) Re    


𓈖 , so gut wie niemals 𓈖𓏭;
n   n-ï
n(.ï)   n.ï
‘von’    


𓆑‌𓄿𓀋 , im Mittelägyptischen niemals 𓆑‌𓄿𓇋𓀋.
f-ꜣ-tragen   f-ꜣ-j-tragen
fꜣ(j)   fꜣj
‘tragen’    

Diskussion: Inwieweit dies gerechtfertigt ist, ist Gegenstand einer andauernden Debatte. Wie noch deutlich werden wird, hat die Angabe dieser rekonstruierten Halbkonsonanten aber teils mindestens didaktischen Wert, z.B. zur Unterscheidung von n ‘für’ und n(.ï) ‘von’ (§26) und zur Identifizierung von sog. Verben „ultimae infirmae“ (§32).  


(3) In einigen wenigen wichtigen Wörtern werden die selbstlautenden Nasallaute m und n regelmäßig nicht geschrieben, deren Vorhandensein durch ihre koptischen Nachfolger eigentlich zu erwarten ist. Dies sind insbesondere:

𓂋𓍿𓀀
r-ṯ-Mensch
r(m)  (> koptisch ⲣⲱⲙⲉ = me)
‘Mensch’


𓎛𓈎𓏏𓏊
ḥ-q-t-Gefäß
(n)q.t  (> koptisch ϩⲛⲕⲉ = hnke)
‘Bier’

In der Transkription wird durch runde Klammern „(   )“ angezeigt, dass dies von dem/der heutigen Forschenden als innerhalb der antiken Orthographie-Regeln begründete, akzeptable Auslassung klassifiziert wird.

Literaturhinweise

Allen (²2010: ch. 2.8,1–2)

Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).


Zitieren Sie diese Version dieser Seite:

Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§5", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A75%26oldid=627 (Zugriff: 1.10.2024).

Kommentieren Sie diese Seite hier.

← zurück §4 weiter §6 →