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Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Viele ForscherInnen haben angenommen bzw. nehmen an, dass sich Adjektive im Mittelägyptischen morphologisch nicht vom Neutralen Partizip Aktiv ([[§95]]) unterscheiden. Nur anhand der Bedeutung lässt sich die Frage, ob ein Partizip oder ein Adjektiv vorliegt, nicht immer entscheiden; vgl. dtsch. <i>lebendige Sonne</i> (mit Adjektiv) vs. <i>lebende Sonne</i> (mit Partizip), die beide etwa dasselbe meinen. Der Ansatz einer eigenen Wortart „Adjektiv“ war folglich im Ägyptischen für fast alle Wörter, wissenschaftlich gesehen, überflüssig („Ockhams Rasiermesser“). In ägyptischen Wörterbüchern sind daher bei Adjektiven als Bedeutung teilweise nicht adjektivische, sondern nur verbale Bedeutungen angegeben: z.B. {{U|wꜥb}} ‘rein <i>sein</i>, rein <i>werden</i>; reinigen’, aber nicht einfaches ‘rein’. Der scheinbare Gebrauch als Adjektiv ‘rein’ wurde dann als Gebrauch als Partizip erklärt: {{U|jḫ.t wꜥb.t}}, wörtl. ‘die <i>rein seiende</i> Sache’, bedeutungsgleich mit und übersetzt als ‘die <i>reine</i> Sache’. | Viele ForscherInnen haben angenommen bzw. nehmen an, dass sich Adjektive im Mittelägyptischen morphologisch nicht vom Neutralen Partizip Aktiv ([[§95]]) unterscheiden. Nur anhand der Bedeutung lässt sich die Frage, ob ein Partizip oder ein Adjektiv vorliegt, nicht immer entscheiden; vgl. dtsch. <i>lebendige Sonne</i> (mit Adjektiv) vs. <i>lebende Sonne</i> (mit Partizip), die beide etwa dasselbe meinen. Der Ansatz einer eigenen Wortart „Adjektiv“ war folglich im Ägyptischen für fast alle Wörter, wissenschaftlich gesehen, überflüssig („Ockhams Rasiermesser“). In ägyptischen Wörterbüchern sind daher bei Adjektiven als Bedeutung teilweise nicht adjektivische, sondern nur verbale Bedeutungen angegeben: z.B. {{U|wꜥb}} ‘rein <i>sein</i>, rein <i>werden</i>; reinigen’, aber nicht einfaches ‘rein’. Der scheinbare Gebrauch als Adjektiv ‘rein’ wurde dann als Gebrauch als Partizip erklärt: {{U|jḫ.t wꜥb.t}}, wörtl. ‘die <i>rein seiende</i> Sache’, bedeutungsgleich mit und übersetzt als ‘die <i>reine</i> Sache’. | ||
Da sich eine Eigenschaft bezeichnende Lexeme, d.h. semantische Adjektive, aber mindestens pragmatisch, d.h. im Gebrauch, von eindeutigen Partizipien unterscheiden, setzen mittlerweile einige ForscherInnen einige der betreffenden Wörter wieder als „Adjektive“ an (Peust 2008: 59–60, Werning 2011, I: §50). | Da sich eine Eigenschaft bezeichnende Lexeme, d.h. semantische Adjektive, aber mindestens pragmatisch, d.h. im Gebrauch, von eindeutigen Partizipien unterscheiden, setzen mittlerweile einige ForscherInnen einige der betreffenden Wörter wieder als „Adjektive“ an (Peust 2008: 59–60, Werning 2011, I: §50). | ||
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{{Übergehbar-Beginn}}*) Das {{U|w}} im Fem. Pl. {{U|(w)t}} wird nie geschrieben! Die Transkription mit {{U|(w)}} ist also reine Konvention. Siehe dazu ggf. die Bemerkungen zur Substantiv-Morphologie in [[§24]]. Ob bzw. wann es im Klassischen Mittelägyptisch gesprochen-sprachlich extra Feminin-Plural-Formen bei Adjektiven gab, ist noch genauer zu erforschen.{{Übergehbar-Ende}} | :{{Übergehbar-Beginn}}*) Das {{U|w}} im Fem. Pl. {{U|(w)t}} wird nie geschrieben! Die Transkription mit {{U|(w)}} ist also reine Konvention. Siehe dazu ggf. die Bemerkungen zur Substantiv-Morphologie in [[§24]]. Ob bzw. wann es im Klassischen Mittelägyptisch gesprochen-sprachlich extra Feminin-Plural-Formen bei Adjektiven gab, ist noch genauer zu erforschen.{{Übergehbar-Ende}} | ||
Die lautlichen Endungsschreibungen stehen in der Regel <i>vor</i> dem Adjektiv-Klassifikator. Beim Dual stehen sie alternativ <i>dahinter</i>. Der Grammato-Klassifikator {{H|𓏦}} ({{Klass|Plural}}) steht immer als letztes. Beispiele: | Die lautlichen Endungsschreibungen stehen in der Regel <i>vor</i> dem Adjektiv-Klassifikator. Beim Dual stehen sie alternativ <i>dahinter</i>. Der Grammato-Klassifikator {{H|𓏦}} ({{Klass|Plural}}) steht immer als letztes. Beispiele: | ||
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| <b>Femininum</b> || {{U|ꜥꜣ.t}} || {{H|𓉻𓏏𓏛}} , {{H|𓉻𓂝𓄿‌𓏏𓏛}} || {{U|ꜥꜣ.(w)t}} || (kein Originalbeleg <br/>für {{Gloss|f.pl}} zur Hand) || {{U|ꜥꜣ.t<b>ï</b>}} || {{H|𓉻𓂝𓏏𓏭𓏛}}, {{H|𓉻𓂝𓏏𓏮}} | | <b>Femininum</b> || {{U|ꜥꜣ.t}} || {{H|𓉻𓏏𓏛}} , {{H|𓉻𓂝𓄿‌𓏏𓏛}} || {{U|ꜥꜣ.(w)t}} || (kein Originalbeleg <br/>für {{Gloss|f.pl}} zur Hand) || {{U|ꜥꜣ.t<b>ï</b>}} || {{H|𓉻𓂝𓏏𓏭𓏛}}, {{H|𓉻𓂝𓏏𓏮}} | ||
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Aktuelle Version vom 26. Juli 2018, 11:03 Uhr
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Adjektive
(1) Begriffsbestimmung und Bedeutung
Adjektive sind Wörter, die eine Qualität oder Eigenschaft beschreiben und die sich typischerweise an Substantive anlehnen (lat. ad ‘dran’, iecere ‘schmeißen’), wie z.B. in ein alter Mann, die große Göttin. Wichtige ägyptische Adjektive sind:
𓄤𓆑𓂋, 𓄤 nfr ‘gut, vollkommen, (vollendet)’ 𓉻𓂝𓄿𓏛, 𓉻𓂝, 𓉻, 𓉼 ꜥꜣ ‘groß, großartig, (alt)’ 𓅨𓂋, wr ‘groß, (zahlreich), (bedeutend)’ 𓋴𓌂𓐍𓅓 sḫm ‘mächtig’ (auch als Verb: ‘sich bemächtigen’) 𓅜𓐍𓏜 ꜣḫ ‘wirkungsvoll, nützlich’ (auch als Verb: ‘nützen’) 𓄊𓋴𓂋𓏛 wsr ‘stark, mächtig’ 𓈎𓄿𓀠 qꜣ ‘hoch, (groß)’ 𓌴𓐙𓂝𓏛, 𓐙, mꜣꜥ ‘richtig, korrekt’ 𓇅𓆓𓏜, 𓇆𓏜 wꜣḏ ‘frisch; grün/blau’ 𓌉𓆓𓇳, 𓌌 ḥḏ ‘hell, weiß’ 𓆈𓏦 ꜥšꜣ ‘zahlreich, (viel)’ (𓏦 ist hier „normaler“ Klassifikator für Menge, §7) 𓇋𓈎𓂋𓏜 jqr ‘geschickt; ausgezeichnet’ 𓃂𓈗 wꜥb ‘rein, sauber’ (auch als Verb: ‘reinigen’) 𓊵𓏏𓊪 ḥtp ‘zufrieden’ (auch als Verb: ‘sich befriedigen; sich niederlassen’)
Zu beachten ist aber, dass Adjektive im Alt- und Mittelägyptischen auch als Verben benutzt werden können, wobei dann in der Regel der Prozess des Erlangens der Eigenschaft gemeint ist (vgl. dtsch. alt vs. altern). Vergleiche:
- Adj. nfr ‘vollkommen’ – Verb nfr ‘vollkommen werden(/sein), sich vervollkommnen’,
In einigen wenigen Fällen unterscheiden sich Adjektiv-Stamm und Verb-Stamm, z.B.:
- Adj. ꜥꜣ ‘groß’ – Verb ꜥꜣ(j) (IIIae infirmae) ‘groß werden(/sein)’,
- Adj. wr ‘groß’ – Verb wrr (IIae geminatae) ‘groß werden(/sein)’.
(Die folgende Diskussion kann ggf. zunächst übergangen werden.)
Diskussion
Viele ForscherInnen haben angenommen bzw. nehmen an, dass sich Adjektive im Mittelägyptischen morphologisch nicht vom Neutralen Partizip Aktiv (§95) unterscheiden. Nur anhand der Bedeutung lässt sich die Frage, ob ein Partizip oder ein Adjektiv vorliegt, nicht immer entscheiden; vgl. dtsch. lebendige Sonne (mit Adjektiv) vs. lebende Sonne (mit Partizip), die beide etwa dasselbe meinen. Der Ansatz einer eigenen Wortart „Adjektiv“ war folglich im Ägyptischen für fast alle Wörter, wissenschaftlich gesehen, überflüssig („Ockhams Rasiermesser“). In ägyptischen Wörterbüchern sind daher bei Adjektiven als Bedeutung teilweise nicht adjektivische, sondern nur verbale Bedeutungen angegeben: z.B. wꜥb ‘rein sein, rein werden; reinigen’, aber nicht einfaches ‘rein’. Der scheinbare Gebrauch als Adjektiv ‘rein’ wurde dann als Gebrauch als Partizip erklärt: jḫ.t wꜥb.t, wörtl. ‘die rein seiende Sache’, bedeutungsgleich mit und übersetzt als ‘die reine Sache’.
Da sich eine Eigenschaft bezeichnende Lexeme, d.h. semantische Adjektive, aber mindestens pragmatisch, d.h. im Gebrauch, von eindeutigen Partizipien unterscheiden, setzen mittlerweile einige ForscherInnen einige der betreffenden Wörter wieder als „Adjektive“ an (Peust 2008: 59–60, Werning 2011, I: §50).
(2) Morphologie
Adjektive können nach Numerus (Zahl) und Genus (Geschlecht) flektieren. Die Endungen sind dieselben wie die, die bei einfachen Substantiven vorkommen (§24).
Singular Plural Dual Maskulinum ø -.(w), .-.w 𓏦, 𓅱 + 𓏦 -.wï 𓅱𓏭, 𓅱𓏮 Femininum -.t 𓏏 -.(w)t *) 𓏏 , 𓏏 + 𓏦 -.tï 𓏏𓏭, 𓏏𓏮
- *) Das w im Fem. Pl. (w)t wird nie geschrieben! Die Transkription mit (w) ist also reine Konvention. Siehe dazu ggf. die Bemerkungen zur Substantiv-Morphologie in §24. Ob bzw. wann es im Klassischen Mittelägyptisch gesprochen-sprachlich extra Feminin-Plural-Formen bei Adjektiven gab, ist noch genauer zu erforschen.
Die lautlichen Endungsschreibungen stehen in der Regel vor dem Adjektiv-Klassifikator. Beim Dual stehen sie alternativ dahinter. Der Grammato-Klassifikator 𓏦 (Plural) steht immer als letztes. Beispiele:
Singular Plural Dual Maskulinum ꜥꜣ 𓉻𓏛 , 𓉻𓂝𓄿𓏜 ꜥꜣ.(w), .ꜥꜣ.w 𓉻𓏥, 𓉻𓂝𓄿𓅱𓏜 ꜥꜣ.wï 𓉻𓂝𓄿𓅱𓏭, 𓉻𓂝𓏜𓏲𓏭 Femininum ꜥꜣ.t 𓉻𓏏𓏛 , 𓉻𓂝𓄿𓏏𓏛 ꜥꜣ.(w)t (kein Originalbeleg
für f.pl zur Hand)ꜥꜣ.tï 𓉻𓂝𓏏𓏭𓏛, 𓉻𓂝𓏏𓏮
(3) Gebrauch
Wie im Deutschen können Adjektive im Alt- und Mittelägyptischen wie folgt genutzt werden:
oder
- im „Bahuvrīhi“-Kompositum (§60), vergleichbar dem dtsch. großherzige/r.
Anders als im Deutschen können sie aber nicht adverbial (i.e.S.), d.h. eine Handlung erläuternd, genutzt werden, wie in dtsch. Die Maschine läuft gut. In dieser Funktion erscheint im Ägyptischen eine besondere Form, der sog. „Resultativ“ (dazu unten §70).
Literaturhinweise
Allen (²2010: Kap. 6.1); Schenkel (⁵2012: Kap. 5.1.1.1–3); Peust (2008); Werning (2011, I: §50)
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
Zitieren Sie diese Version dieser Seite:
Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§54", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A754%26oldid=676 (Zugriff: 25.11.2024).
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