§42
Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Perfektiv vs. Anterior und dtsch. hörte vs. hat gehört
(1) Das Mittelägyptische kennt zwei Verbalformen für die Vergangenheit: Perfektiv sḏm(⸗f) und Anterior sḏm.n(⸗f). Auch das Deutsche kennt zwei Vergangenheitsformen Präteritum er hörte vs. Perfekt er hat gehört. Die Regeln, wann welche Form benutzt wird, sind aber nicht dieselben. Im Deutschen wird Präteritum sie hörte in erzählender Schriftsprache benutzt, während in gesprochener Sprache Perfekt sie hat gehört üblicher ist. Im Mittelägyptischen wird fast immer der Anterior sḏm.n(⸗f) benutzt. Der Perfektiv sḏm(⸗f) findet sich nur in negierten Sätzen häufig (§46), sowie ausnahmsweise in gewählter Sprache, z.B. am Anfang von Erzählungen.
Es ergeben sich zwei praktische Konsequenzen:
- Ein (nicht negiertes) sḏm(⸗f) bestimmt man nur dann als Perfektiv, wenn alle andere Möglichkeiten vom Sinn her ausscheiden.
- Anterior und Perfektiv, beispielsweise ḏ(j).n und rḏ(j), kann man beide entweder mit ‘gab’ oder mit ‘hat gegeben’ übersetzen, je nachdem wie es sich in der deutschen Übersetzung „richtiger“ anhört.
(2) Eine Ausnahme von der Regel, dass Perfektiv sḏm(⸗f) seltener benutzt wurde als der Anterior sḏm.n(⸗f), bildet das Verb wnn ‘sein, präsent sein’. Hier wird umgekehrt für eine Vergangenheitsaussage regelmäßig der Perfektiv wn 𓃹𓈖 und nie der Anterior wn.n genutzt. (Ein vergleichbares Phänomen lässt sich auch in bestimmten hochdeutschen Dialekten beobachten: Gegen die Regel bei anderen Verben ist dort beim Verb ‘sein’ auch in gesprochener Sprache „er war“ üblicher als „er ist gewesen“.)
Literaturhinweise
Werning (2008)
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
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Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§42", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A742%26oldid=664 (Zugriff: 1.10.2024).
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