Swatch-Internetzeit: Unterschied zwischen den Versionen

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Die Swatch-Internetzeit (seltener Biel Mean Time (BMT)) ist eine vom Uhrenhersteller Swatch vermarktete Dezimalzeit vom Entwickler Nicholas Negroponte und wurde am 23. Oktober 1998 gestartet. Die Internetzeit von Swatch existiert trotz ihrer geringen Nutzung immernoch. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem Network Time Protocol, welches Computer-Uhren über das Internet bereitstellt.


Die Swatch-Internetzeit (seltener Biel Mean Time (BMT)) ist eine vom Uhrenhersteller Swatch vermarktete Dezimalzeit vom Entwickler Nicholas Negroponte und wurde am 23. Oktober 1998 gestartet. Die Internetzeit von Swatch existiert trotz seiner geringen Nutzung immer noch. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem Network Time Protocol über welches Computer-Uhren über das Internet gestellt werden.


'''Geschichte und Funktion'''  
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In einer sich globalisierenden Gesellschaft verschwimmen die Zeitzonen und unterschiedliche Lokalzeiten zunehmend. Der Börsenmarkt in Japan oder Callcenter in Indonesien geben ihre lokale Zeit auf, um sich mit der Tageszeit anderer Orte [[Synchronisation|zu synchronisieren]]. Die Einteilung in 24 Zeitzonen kann da wie ein Relikt vergangener Tage wirken.<ref>Geert Lovink, Net.Times, Not Swatch Time: 21st-Century Global Time Wars, in: same author, Dark  ber: tracking critical internet culture, Cambridge, Mass. (M. I. T.) 2002, 142-159</ref> Gemeinsam mit der, für ans Dezimalsystem Gewohnte recht unhandlichen, Einteilung eines Tages mithilfe des Babylonischen Systems in 24 Stunden, 60 Minuten und 60 Sekunden kam die Idee auf, eine transnationale Zeitrechnung in dezimaler Darstellung zu erschaffen.<ref>vgl. https://www.swatch.com/de_de/internet-time/</ref> Bei der Swatch-Internetzeit startet der Tag um Mitternacht in Biel (Heimatstadt von Swatch). Zeitzonen gibt es keine. Ein Tag wird in 1000 Zeiteinheiten namens Beats unterteilt (ähnlich der dezimalen Einteilung, die einst zur Französischen Revolution eingesetzt wurde und gescheitert ist.) Damit entspricht ein solcher Beat einer Minute und 26,4 Sekunden. Ein Beat kann mit Nachkommastelle angeben werden und wird mit einem @ Zeichen (z.B. @380) notiert.


In einer sich globalisiernden Welt in welcher sich der Börsenmarkt in Japan oder Callcenter in Indonesien sowieso ihre lokale Zeit zugunsten der woanders "aufgeben", könnte die Einteilung in 24 Zeitzonen wie ein Relikt vergangener Tage wirken.<ref>Geert Lovink, Net.Times, Not Swatch Time: 21st-Century Global Time Wars, in: same author, Dark  ber: tracking critical internet culture, Cambridge, Mass. (M. I. T.) 2002, 142-159</ref> Gemeinsam mit dem, für dezimal gewohnte recht unhandlichen, Einteilung eines Tages mithilfe des Babylonischen Systems in 24 Stunden, 60 Minuten und 60 Sekunden kam die Idee auf, eine transnationale Zeitrechnung in dezimaler Darstellung zu erschaffen.<ref>vgl. https://www.swatch.com/de_de/internet-time/</ref> Bei der Swatch-Internetzeit starten der Tag um Mitternacht in Biel (Heimatstadt von Swatch) um Mitternacht. Zeitzonen gibt es keine. Ein Tag wird in 1000 Zeiteinheiten namens Beats unterteilt (ähnlich der dezimalen Einteilung die eins zur Französischen Revolution eingesetzt und gescheitert ist.) Damit einstricht ein solcher Beat einer Minute und 26,4 Sekunden. Ein Beat kann mit Nachkommastelle angeben werden und wird mit einem @ Zeichen notiert.


'''Medienwissenschaftliche Perspektive'''
'''Medienwissenschaftliche Perspektive'''
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Trotz des Scheiterns der Swatch-Internetzzeit (u.A. womöglich auch wegen der hohen Markenbindung und dem dadurch entstehenden Werbeeffekt) ist sie als Experiment für die Medienwissenschaft aufschlussreich. Wie bei [[Eigenzeit]] erläutert basiert unsere heutige Zeitrechnung eigentlich bereits abgekoppelt von einer astronomische und damit vermeintlichen "Natürlichen Zeit". Die Swatch-Internetzeit ist nicht nur ein Antwort auf Globalisierung und Zunehmende Verschiebung des Lebens ins Internet, sondern zeugt auch von der technischen Emanzipation der Zeit. Technische Medien können durch ihre Eigenzeitlichkeit ein Zeitsystem erzeugen, welches völlig unabhängig ist und keine Nachjustierung benötigt, da sie Techno-Mathematisch exakt ist.  
Trotz des Scheiterns der Swatch-Internetzzeit (u.A. womöglich auch wegen der hohen Markenbindung und dem dadurch entstehenden Werbeeffekt) ist sie als Experiment für die Medienwissenschaft aufschlussreich. Wie bei [[Eigenzeit]] erläutert, funktioniert unsere heutige Zeitrechnung (siehe [[Uhrzeit]]) eigentlich bereits abgekoppelt von einer astronomischen und damit vermeintlichen "Natürlichen Zeit". Die Swatch-Internetzeit war nicht nur eine Antwort auf Globalisierung und zunehmende Verschiebung des Lebens ins Internet, sondern zeugt auch von der technischen Emanzipation der Zeit. Technische Medien können durch ihre Eigenzeitlichkeit ein Zeitsystem erzeugen, welches völlig unabhängig ist und keine Nachjustierung benötigt, da sie Techno-Mathematisch exakt ist.  
 


'''Textverweise'''
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Aktuelle Version vom 31. Oktober 2017, 18:54 Uhr

Begriff


Die Swatch-Internetzeit (seltener Biel Mean Time (BMT)) ist eine vom Uhrenhersteller Swatch vermarktete Dezimalzeit vom Entwickler Nicholas Negroponte und wurde am 23. Oktober 1998 gestartet. Die Internetzeit von Swatch existiert trotz ihrer geringen Nutzung immernoch. Sie ist nicht zu verwechseln mit dem Network Time Protocol, welches Computer-Uhren über das Internet bereitstellt.


Geschichte und Funktion


In einer sich globalisierenden Gesellschaft verschwimmen die Zeitzonen und unterschiedliche Lokalzeiten zunehmend. Der Börsenmarkt in Japan oder Callcenter in Indonesien geben ihre lokale Zeit auf, um sich mit der Tageszeit anderer Orte zu synchronisieren. Die Einteilung in 24 Zeitzonen kann da wie ein Relikt vergangener Tage wirken.[1] Gemeinsam mit der, für ans Dezimalsystem Gewohnte recht unhandlichen, Einteilung eines Tages mithilfe des Babylonischen Systems in 24 Stunden, 60 Minuten und 60 Sekunden kam die Idee auf, eine transnationale Zeitrechnung in dezimaler Darstellung zu erschaffen.[2] Bei der Swatch-Internetzeit startet der Tag um Mitternacht in Biel (Heimatstadt von Swatch). Zeitzonen gibt es keine. Ein Tag wird in 1000 Zeiteinheiten namens Beats unterteilt (ähnlich der dezimalen Einteilung, die einst zur Französischen Revolution eingesetzt wurde und gescheitert ist.) Damit entspricht ein solcher Beat einer Minute und 26,4 Sekunden. Ein Beat kann mit Nachkommastelle angeben werden und wird mit einem @ Zeichen (z.B. @380) notiert.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Trotz des Scheiterns der Swatch-Internetzzeit (u.A. womöglich auch wegen der hohen Markenbindung und dem dadurch entstehenden Werbeeffekt) ist sie als Experiment für die Medienwissenschaft aufschlussreich. Wie bei Eigenzeit erläutert, funktioniert unsere heutige Zeitrechnung (siehe Uhrzeit) eigentlich bereits abgekoppelt von einer astronomischen und damit vermeintlichen "Natürlichen Zeit". Die Swatch-Internetzeit war nicht nur eine Antwort auf Globalisierung und zunehmende Verschiebung des Lebens ins Internet, sondern zeugt auch von der technischen Emanzipation der Zeit. Technische Medien können durch ihre Eigenzeitlichkeit ein Zeitsystem erzeugen, welches völlig unabhängig ist und keine Nachjustierung benötigt, da sie Techno-Mathematisch exakt ist.


Textverweise


  1. Geert Lovink, Net.Times, Not Swatch Time: 21st-Century Global Time Wars, in: same author, Dark ber: tracking critical internet culture, Cambridge, Mass. (M. I. T.) 2002, 142-159
  2. vgl. https://www.swatch.com/de_de/internet-time/