Gleichzeitigkeit: Unterschied zwischen den Versionen

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'''Medienwissenschaftliche Perspektive'''  
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Gleichzeitigkeit ist zunächst ein Phänomen, oder eine Möglichkeit, die Prozesse im Vergleich zueinander eingehen können. Um Gleichzeitigkeit feststellbar zu machen, ist der unmittelbare Zeitvergleich nötig. Gleichzeitigkeit an sich ist unkontrollierbar. Sie findet einfach statt. “Alles, was geschieht, geschieht gleichzeitig” <ref>Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung 5 - Konstruktivistische Perspektiven. Opladen 1993. S. 98</ref>. Gleichzeitigkeit ist die Grundvoraussetzung um Systeme oder Prozesse miteinander zu vergleichen. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann sieht Gleichzeitigkeit als einen Aspekt der Differenzierung von System und Umwelt an. Denn unter der Aufhebung von Zeitunterscheidung werden Sachunterschiede sichtbar. Für die Medienarchäologie wird nicht nur das Herstellen der Gleichzeitigkeit, also die Synchronisation von Einheiten, sondern auch die Bedeutung der Beobachtung interessant. Denn das Betrachten zeitkritischer Momente ist wesentlicher Bestandteil der Forschung und nur durch die klare Unterscheidung von Sachverhalten möglich. Das Paradoxon der Beobachtung von Systemen liegt wiederum in der Zeitlichkeit: Denn wie beschrieben können sie nur betrachtet werden, wenn sie durch eine Grenze getrennt und durch sie gleichzeitig gegeben sind. Trotzdem sind sie nicht gleichzeitig nutzbar, denn die Betrachtung erfordert ein Kreuzen dieser Grenzen, also eine Operation und somit Zeit. Die beiden Seiten, die beobachtet werden, sind gleichzeitig in einem Vorher-Nachher-Verhältnis gegeben (vgl. Luhmann S. 100). Der medienarchäologisch vorgehende Beobachter stellt sich diesem Paradoxon oder umgeht es, indem er die Gleichzeitigkeit als Struktur des Unterscheidens übernimmt. Es gilt also, viel mehr Zeitunterschiede und somit das Prozesshafte technischer Medien zu betrachten als Zeitpunkte.
Gleichzeitigkeit ist zunächst ein Phänomen, oder eine Möglichkeit, die Prozesse im Vergleich zueinander eingehen können. Um Gleichzeitigkeit feststellbar zu machen, ist der unmittelbare Zeitvergleich nötig. Gleichzeitigkeit an sich ist unkontrollierbar. Sie findet einfach statt. “Alles, was geschieht, geschieht gleichzeitig” <ref>Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung 5 - Konstruktivistische Perspektiven. Opladen 1993. S. 98.</ref>. Gleichzeitigkeit ist die Grundvoraussetzung um Systeme oder Prozesse miteinander zu vergleichen. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann sieht Gleichzeitigkeit als einen Aspekt der Differenzierung von System und Umwelt an. Denn unter der Aufhebung von Zeitunterscheidung werden Sachunterschiede sichtbar. Für die Medienarchäologie wird nicht nur das Herstellen der Gleichzeitigkeit, also die Synchronisation von Einheiten, sondern auch die Bedeutung der Beobachtung interessant. Denn das Betrachten zeitkritischer Momente ist wesentlicher Bestandteil der Forschung und nur durch die klare Unterscheidung von Sachverhalten möglich. Das Paradoxon der Beobachtung von Systemen liegt wiederum in der Zeitlichkeit: Denn wie beschrieben können sie nur betrachtet werden, wenn sie durch eine Grenze getrennt und durch sie gleichzeitig gegeben sind. Trotzdem sind sie nicht gleichzeitig nutzbar, denn die Betrachtung erfordert ein Kreuzen dieser Grenzen, also eine Operation und somit Zeit. Die beiden Seiten, die beobachtet werden, sind gleichzeitig in einem Vorher-Nachher-Verhältnis gegeben.<ref>vgl. Luhmann: Soziologische Aufklärung. S. 100.</ref> Der medienarchäologisch vorgehende Beobachter stellt sich diesem Paradoxon oder umgeht es, indem er die Gleichzeitigkeit als Struktur des Unterscheidens übernimmt. Es gilt also, viel mehr Zeitunterschiede und somit das Prozesshafte technischer Medien zu betrachten als Zeitpunkte.





Version vom 29. Oktober 2017, 15:17 Uhr

Begriff


Die Wortbedeutung ist zunächst offensichtlich. Prozesse, die zueinander gleichzeitig ablaufen, also da, wo Gleichzeitigkeit stattfindet, befinden sich in der gleichen Zeit. In dieser Form mutet der Begriff schon überflüssig an, denn alles lässt sich möglicherweise nur in der gleichen Zeit beschreiben. Das relevante ist hierbei die Ordnung der Beobachtung. Denn für diese ist Gleichzeitigkeit die Hauptbedingung. Der Begriff der Gleichzeitigkeit ist in technischen Kontexten eng an Synchronisation verknüpft, sollte aber von diesem entkoppelt verstanden werden.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Gleichzeitigkeit ist zunächst ein Phänomen, oder eine Möglichkeit, die Prozesse im Vergleich zueinander eingehen können. Um Gleichzeitigkeit feststellbar zu machen, ist der unmittelbare Zeitvergleich nötig. Gleichzeitigkeit an sich ist unkontrollierbar. Sie findet einfach statt. “Alles, was geschieht, geschieht gleichzeitig” [1]. Gleichzeitigkeit ist die Grundvoraussetzung um Systeme oder Prozesse miteinander zu vergleichen. Der Systemtheoretiker Niklas Luhmann sieht Gleichzeitigkeit als einen Aspekt der Differenzierung von System und Umwelt an. Denn unter der Aufhebung von Zeitunterscheidung werden Sachunterschiede sichtbar. Für die Medienarchäologie wird nicht nur das Herstellen der Gleichzeitigkeit, also die Synchronisation von Einheiten, sondern auch die Bedeutung der Beobachtung interessant. Denn das Betrachten zeitkritischer Momente ist wesentlicher Bestandteil der Forschung und nur durch die klare Unterscheidung von Sachverhalten möglich. Das Paradoxon der Beobachtung von Systemen liegt wiederum in der Zeitlichkeit: Denn wie beschrieben können sie nur betrachtet werden, wenn sie durch eine Grenze getrennt und durch sie gleichzeitig gegeben sind. Trotzdem sind sie nicht gleichzeitig nutzbar, denn die Betrachtung erfordert ein Kreuzen dieser Grenzen, also eine Operation und somit Zeit. Die beiden Seiten, die beobachtet werden, sind gleichzeitig in einem Vorher-Nachher-Verhältnis gegeben.[2] Der medienarchäologisch vorgehende Beobachter stellt sich diesem Paradoxon oder umgeht es, indem er die Gleichzeitigkeit als Struktur des Unterscheidens übernimmt. Es gilt also, viel mehr Zeitunterschiede und somit das Prozesshafte technischer Medien zu betrachten als Zeitpunkte.


Artefakte


Es können keine Artefakte benannt werden, da Gleichzeitigkeit einen Zustand, etwas grundlegendes ist, das nicht hergestellt, abgeschafft oder bemessen werden kann.


Weiterführendes


Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung 5 - Konstruktivistische Perspektiven. Opladen 1993. S. 95-130


Textverweise


  1. Niklas Luhmann: Soziologische Aufklärung 5 - Konstruktivistische Perspektiven. Opladen 1993. S. 98.
  2. vgl. Luhmann: Soziologische Aufklärung. S. 100.