§44
Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Wege zur Bestimmung von Verbalformen
In vielen Fällen ist die Zeitform (d.h. das grammatische Tempus) der Verbalform nicht an der Schreibung erkennbar, weil die relevanten Vokaländerungen nicht in der Schrift erscheinen. Wir müssen daher die Zeitform über Umwege ermitteln. Zu diesen Umwegen gehören: die Art der benutzen Partikel, die Satzkonstruktion und – immer wichtig – der inhaltliche Kontext. (In den folgenden Tabellen bedeutet ein langer „―“: kommt nie vor, ein kürzerer „–“: kommt in aller Regel nicht vor, Angaben in „( )“ bedeuten: kommt selten vor, „(( ))“: kommt sehr selten vor).
(1) Mit das wichtigste Indiz für die Bestimmung der Verbalform ist die Satzkonstruktion:
Anterior | Perfektiv | Imperfektiv | Subjunktiv | Posterior | ||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|
sḏm.n(⸗f) ‘hat gehört’ |
sḏm(⸗f) ‘hörte’ |
sḏm(⸗f) ‘hört’ |
sḏm(⸗f) ‘möge hören’ |
sḏm.w(⸗f) ‘wird hören’ | ||||
[Verb | Aktanten] | ― | (Satz- anfang) |
― | Satz- anfang | |||
[Partikel | Verb | Aktanten] | nach Partikel |
(nach Partikel) |
nach Partikel |
nach Partikel | ||
[Partikel | Subjekt | Verb | Aktanten] | – (erst nach MR doppeltes Subjekt) |
– | doppeltes Subjekt |
― | ((doppeltes Subjekt)) |
[Subjekt | Verb | Aktanten] | ((doppeltes Subjekt)) |
― |
(2) Genauso wichtig für die Bestimmung der Verbalform ist die ggf. vorhandene Partikel:
Anterior | Perfektiv | Imperfektiv | Subjunktiv | Posterior | ||
---|---|---|---|---|---|---|
sḏm.n(⸗f) ‘hat gehört’ |
sḏm(⸗f) ‘hörte’ |
sḏm(⸗f) ‘hört’ |
sḏm(⸗f) ‘möge hören’ |
sḏm.w(⸗f) ‘wird hören’ | ||
m⸗k/… | Siehe/Seht, … | (𓅓𓂝𓎡) | (𓅓𓂝𓎡) | 𓅓𓂝𓎡 | (𓅓𓂝𓎡) | (𓅓𓂝𓎡) |
jw | (unübersetzt) | 𓇋𓅱 | (𓇋𓅱) | 𓇋𓅱 | ― | ― |
jsṯ | Derweil | 𓇋𓋴𓍿 | (𓇋𓋴𓍿) | (𓇋𓋴𓍿) | – | – |
ꜥḥꜥ.n | Dann | 𓊢𓂝𓈖 | (𓊢𓂝𓈖) | – | – | – |
ḥꜣ | Möge/Würde/… doch | (𓇉𓄿𓀁) (𓎛𓅱𓏭𓀁) |
– | – | 𓇉𓄿𓀁 𓎛𓅱𓏭𓀁 |
(𓇉𓄿𓀁) (𓎛𓅱𓏭𓀁) |
ḥwï | ||||||
jḫ | So/dann soll/will/… | – | – | – | 𓇋𓐍𓏛 | (𓇋𓐍𓏛) |
kꜣ | So/dann wird/will/… | – | – | – | (𓎡𓄿𓀁) | 𓎡𓄿𓀁 |
(3) Die Schreibung der Verbalform hilft nur vergleichsweise selten bei der Identifikation (vgl. §33 und §40):
Anterior | Perfektiv | Imperfektiv | Subjunktiv | Posterior | |
---|---|---|---|---|---|
sḏm.n(⸗f) ‘hat gehört’ |
sḏm(⸗f) ‘hörte’ |
sḏm(⸗f) ‘hört’ |
sḏm(⸗f) ‘möge hören’ |
sḏm.w(⸗f) ‘wird hören’ | |
Starke Verben | 𓈖 | (verein- zelt 𓅱) | |||
Verben IIIae infirmae | 𓈖 | optional 𓇋𓇋 | optional 𓇋𓇋 optional 𓅱 | ||
Verben IIae geminatae | gem.-Kons. einfach; 𓈖 |
gem.-Kons. einfach |
gem.-Kons. doppelt |
gem.-Kons. einfach |
gem.-Kons. doppelt |
(4) Faustregeln für die Bestimmung von „unscheinbaren“ sḏm(⸗f)-Formen:
- Einen Perfektiv oder Posterior setzt man nur an, wenn alle anderen Analysen problematisch sind.
- Steht das Subjekt vor dem Verb (und ein kongruierendes Pronomen hinter dem Verb) ⇒ Imperfektiv (‘sie hört’).
- Steht das Verb direkt am Satzanfang ⇒ wahrscheinlich Subjunktiv (‘sie soll/will/wird hören’).
- Steht die Partikel jw ⇒ wahrscheinlich Imperfektiv (oder, wenn mit n-Endung, Anterior).
- Steht eine der Partikeln ḥꜣ, ḥwï, jḫ ⇒ wahrscheinlich Subjunktiv (‘sie soll/will/wird hören’).
Literaturhinweise
–
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
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Daniel A. Werning. 15.6.2018. "§44", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A744%26oldid=275 (Zugriff: 28.11.2024).
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