§37
Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Identifikation und Reihenfolge von Aktanten nach Verben
(1) Gebrauch
Hinter Formen der Suffixkonjugation ist:
- ein dem Verb direkt folgendes Suffixpronomen immer das Subjekt („wer oder was?“),
- ein Enklitisches Personalpronomen immer das direkte Objekt („wen oder was?“) :und
- ein mit n eingeleitetes Substantiv oder Suffixpronomen immer das indirekte Objekt („wem?“).
(2) Reihenfolge
Im Deutschen variiert die Standardreihenfolge von direktem und indirektem Objekt, je nachdem ob „volle“ Substantive oder Personalpronomina vorliegen. Vergleiche:
- Gib mir das Buch! (Reihenfolge: indirektes Obj.–direktes Obj.)
- Gib es mir! (Reihenfolge: direktes Obj.–indirektes Obj.).
Ein vergleichbares Phänomen gibt es im Älteren Ägyptisch. Hier variiert die Reihenfolge von Subjekt, direktem Objekt und indirektem Objekt hinter dem Verb (§34), je nachdem wie „anlehnungsbedürftig“ und wie „schwer“ sie jeweils sind. Die leichtesten und anlehnungsbedürftigsten Elemente stehen dabei zuerst. Die Gewichtsklassen sind dabei idealisiert, d.h. unabhängig von der wirklichen, konkreten Lautanzahl in den einzelnen Aktanten. Die Grundregel ist, dass leichte vor schweren Aktantentypen stehen. Daher gilt:
(1) Ein einfaches Suffixpronomen z.B. ⸗s ist ein Ultraleichtgewicht ● (2) Ein „dativisches“ n + Suffixpronomen z.B. n⸗s ist ein Leichtgewicht ●● (3) Ein Enklisches Personalpronomen z.B. sï ist ein Mittelgewicht ●●● (4) Ein „richtiges“ Substantiv z.B. nzw ist ein Schwergewicht ●●●● (5) Ein „dativisches“ n + Substantiv z.B. n nzw ist ein Ultraschwergewicht ●●●●●
Nur wenn zwei Aktanten der gleichen Gewichtsklasse angehören – konkret: wenn Subjekt und Objekt beide „richtige“ Substantive sind – greift die sekundäre Folgeregel:
„Subjekt vor direktem Objekt“.
Vergleiche:
● ●● ●●● ●●●● ●●●●● [Partikel] [Verbform] [Suffix;
Subj.][n+Suffix;
indirObj.][enklit.;
dirObj.][Substantive;
Subj.–dirObj.][n+Subst.;
indirObj.]jw sḏm jt(j) mʾw.t ‘Der Vater hört die Mutter.’ jw sḏm sï jt(j) ‘Der Vater hört sie.’ jw ḏ(j) jt(j) tʾ n mʾw.t ‘Der V. gibt der Mutter das Brot.’ jw ḏ(j) sw jt(j) n mʾw.t ‘Der Vater gibt es der Mutter.’ jw ḏ(j) n⸗s sw jt(j) ‘Der Vater gibt es ihr (/ ihr es).’ jw ḏ(j) ⸗f n⸗s sw ‘Er gibt es ihr (/ ihr es).’ jw ḏ(j) n⸗s jt(j) tʾ ‘Der Vater gibt ihr das Brot.’
Abweichend von dem oben in §34 dargestellten Fall mit ausschließlich nominalen Aktanten steht also pronominales direktes Objekt nicht hinter, sondern vor nominalem Subjekt; und pronominales indirektes Objekt nicht hinter, sondern vor direktem Objekt und/oder nominalem Subjekt.
(Der Abschnitt (3) kann ggf. zunächst übergangen werden.)
(3) Als eine praktische Konsequenz für die/den Lesende/n ergibt sich, dass ein auf das Verb folgendes n + Suffixpronomen entweder die n-Endung des Anterior plus pronominales Subjekt sein kann, oder aber die „Dativ“-Präposition n + Suffixpronomen. Fast immer ist die Sache aber klar, wenn man den ganzen Satz und den Kontext genau betrachtet.
Vergleiche:
a) 𓇋𓅱𓏎𓈖𓈖𓊃𓇓𓅱𓈖𓇋𓏏𓆑𓀀 jw jn(j).n⸗s sw n(!) jt(j) ‘Sie brachte es dem Vater.’ b) 𓇋𓅱𓏎𓈖𓈖𓊃𓇓𓅱𓇋𓏏𓆑𓀀 jw jn(j) n⸗s sw jt(j) ‘Der Vater bringt es ihr.’
In Fall a) kann n⸗s nicht indirektes Objekt sein, da n jt(j) hinten schon indirektes Objekt ist. In Fall b) kann n⸗ nicht Anterior-Suffix sein, da bei einer angenommenen Lesung **jw jn(j).n⸗s sw jt(j) mit ⸗s, sw und jt(j) dann drei Aktanten da wären, ohne dass einer von ihnen das indirekte Objekt wäre; dann hätten wir mit drei Aktanten zu viele Elemente für nur zwei grammatische Stellen ohne n (Subjekt und direktes Objekt).
Literaturhinweise
Allen (²2010: Kap. 18.4, 14.6)
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
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Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§37", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A737%26oldid=659 (Zugriff: 22.11.2024).
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