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Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Aktuelle Version vom 26. Juli 2018, 11:07 Uhr
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Die „konsekutiven“ Verbalsuffixe -jn, -ḫr und -kꜣ
(1) Begriffsklärung und Bedeutung
Bei den „konsekutiven“ Verbalsuffixen handelt es sich um drei Morpheme, 𓇋𓈖 jn, 𓐍𓂋 ḫr und 𓎡𓄿 kꜣ, die jeweils eine spezifische Form der Folgebeziehung angeben:
𓇋𓈖 jn zeitliche Folge,
etwa ‘dann, darauf, so’Konsekutiv 𓐍𓂋 ḫr notwendige oder obligatorische Folge,
etwa ‘dann unweigerlich, so muss’ o.ä.Obligativ 𓎡𓄿 kꜣ zukünftige Folge,
etwa ‘dann wird, dann kann, dann soll’ o.ä.Posterialis
Sie treten jeweils hinter den Stamm (inkl. Klassifikator) von Suffixkonjugationsformen, z.B. 𓄔𓅓𓇋𓈖𓆑 sḏm.jn⸗f ‘dann hörte er’. Für die Formen wurden verschiedene Bezeichnungen vorgeschlagen. Wir wollen von „Konsekutiv“ (sḏm.jn; Kammerzell 1998b), „Obligativ“ (sḏm.ḫr; Kammerzell 1995–1997, Malaise & Winand 1999) und „Posterialis“ (sḏm.kꜣ; D. Werning) sprechen. Die Suffixe können dabei jeweils hinter verschiedene Suffixkonjugationsstämme treten (F. Kammerzell), z.B. an den Subjunktiv-Stamm (𓏎𓈖𓏏𓐍𓂋𓆑 jnt.ḫr⸗f ‘dann muss er holen’) oder an den Posterior-Stamm (𓏎𓈖𓅱𓎡𓄿𓆑 jn(j).w.kꜣ⸗f ‘dann wird er holen’). Diese „Konsekutiven Verbalformen“ mag man daher präziser als z.B. „Subjunktiv-Obligativ“ bzw. „Posterior-Posterialis“ benennen. Geläufige Formen sind z.B.:
a) der Perfektiv-Konsekutiv: 𓄔𓅓𓇋𓈖𓆑 sḏm.jn⸗f ‘dann hörte er’ b) der Imperfektiv-Obligativ: 𓄔𓅓𓐍𓂋𓆑 sḏm.ḫr⸗f ‘dann hört er (unweigerlich)’ c) der Imperfektiv-Posterialis: 𓄔𓅓𓎡𓄿𓆑 sḏm.kꜣ⸗f ‘dann wird er hören/hören können’.
Die Form des Stamms lässt sich aber leider in den meisten Fällen nicht schon an der Schreibung, sondern nur aufgrund der angenommenen Tempus/Modus-Bedeutung identifizieren, so dass man die Forman normalerweise vereinfachend, je nach Suffix, nur als „Konsekutiv“, „Obligativ“ bzw. „Posterialis“ ansprechen wird. (Traditionell werden die Verbalformen als „Kontingente Tempora“ bezeichnet.)
(2) Negation
Die Konsekutiven Verbalformen werden nicht etwa direkt mit n(j) oder nn negiert. Stattdessen wird eine negierte Form gebildet, indem man die entsprechende Form des Negationsverbs 𓏏𓍃 / 𓏏𓍃𓂜 tm (‘nicht tun’) bildet (z.B. tm.kꜣ) und das ‘eigentliche’ Verb in der Form des Negativkomplements (§77) anhängt, z.B.:
- 𓏏𓍃𓎡𓄿𓆑𓄔𓅓
- tm.kꜣ⸗f sḏm(.w)
- ‘Dann wird er nicht hören können’.
(3) Passiv
Die Konsekutiven Verbalformen zählen zu dem Typ der Suffixkonjugationsformen. Auch von ihnen können mittels des Suffix -.t(w) passive Formen gebildet werden (§80 (2)), z.B.:
- 𓄔𓅓𓇋𓈖𓏏𓏲𓊤𓅱𓀁
- sḏm.jn.tw ḫrw
- ‘Dann wurde ein Geräusch gehört’.
(4) Konstruktionen und Gebrauch
Die Konsekutiven Verbalformen bilden immer einen Hauptsatz und stehen dort ohne Satzpartikel, d.h. immer direkt am Hauptsatz-Anfang. Beispiel:
𓆓𓂧𓇋𓈖 𓍛𓏤𓅆𓆑 𓋹𓍑𓋴 (+ Rede) (Allen 2010: 308) ḏd.jn ḥm⸗f ꜥnḫ.ø (w)ḏꜣ.ø s(nb.ø) sagen:pfv.konsv Diener:m.sg=3sg.m leben:res.3sg.m
heil:res.3sg.m
gesund:res.3sg.m
- ‘Dann sagte Seine Majestät – er möge leben, heil und gesund sein –: „…“.’
Nicht selten erscheinen sie auch, wie andere Hauptsätze, nach Nominalen Verbalformen, die als initialer Nebensatz fungieren (§86), oder als zweiter Teil („Apodosis“) einer Wenn-dann-Konstruktion. Beispiel:
𓇋𓂋 𓍃𓅓𓆑 𓏲𓈙𓈙𓂺 𓋴𓏏 𓅓 𓎛𓋴𓃀𓏏𓐎𓆙𓏥 jr tm⸗f wšš(.w) st m ḥsb.(w)t wenn nicht_tun:ipfv.nmlr=3sg.m ausscheiden:nkompl 3sg.f als Wurm?:f.pl
𓁹𓐍𓂋𓎢 𓈖𓆑 𓊃𓊪𓏲𓈒𓏦 𓏌𓏤 𓏲𓈙𓈙𓂺 (Allen 2010: 311) jr(j).ḫr⸗k n⸗f zp.w n.(ï)w wšš tun:sbjv.oblv=2sg.m für=3sg.m Mittel:m.pl von:m.pl ausscheiden:inf
- (‘Wenn dass er es nicht ausscheidet als Würmer(?),
sollst du ihm unausweichlicher Weise Mittel des Ausscheidens machen.)
‘Wenn er es nicht in Form von (Kacke-)Würsten(?) ausscheiden kann;
dann musst du für ihn Abführmittel zubereiten.’
Achtung: Bei den Formen 𓃹𓈖𓇋𓈖 und 𓃹𓈖𓐍𓂋 (Variante 𓃹𓈖𓈖 𓐍𓂋) handelt es sich in der Regel nicht um „vollwertige“ Konsekutive Verbalformen, sondern um die von diesen etymologisch abstammenden, aber bereits grammatikalisierten Partikeln 𓃹𓈖𓇋𓈖 wn.jn ‘dann’ (< ‘dann war’) und 𓃹𓈖𓐍𓂋 / 𓃹𓈖𓈖 𓐍𓂋 wn.ḫr / wnn.ḫr ‘dann’ (< ‘folglich war/ist’?).
Literaturhinweise
Kammerzell (1995–1997); Werning (2011, I: §§91–92 mit Fn. 218, §§137–139); Allen (²2010: ch. 22.1–10); Schenkel (⁵2012: 7.3.1.1.10, 7.3.7.1).
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
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Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§89", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A789%26oldid=711 (Zugriff: 24.11.2024).
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