§88: Unterschied zwischen den Versionen
Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik
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Aktuelle Version vom 26. Juli 2018, 11:07 Uhr
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Der „Kompletiv“ sḏm.t(⸗f)
(1) Begriffsklärung
Der „Kompletiv“ ist eine Suffixkonjugationsform, die speziell die Abschlussphase einer Handlung in den Blick nimmt, den Moment, in dem sich die Handlung vollendet, d.h. den „kompletiven“ Phasenaspekt (§79). Andere Grammatiken sprechen diese Verbalform meist einfach als „sḏm.t(⸗f)“ an oder geben ihr verschiedene andere Namen, z.B. „Terminativ“.
(2) Form
Der Kompletiv zeichnet sich durch ein konsonantisches Suffix 𓏏 t aus. Es wird in der Regel vor dem Klassifikator geschrieben, selten aber auch danach.
Aktiv
Stark | IIae geminatae | IIIae infirmae | rḏ(j) | jw(j)/jj(j) |
---|---|---|---|---|
𓄔𓅓𓏏 | 𓄿𓅓𓅓𓏏𓂬 | 𓁹𓏏 | 𓂋𓂞𓏏 | 𓇍𓇋𓏏𓂻 |
sḏm.t | ꜣmm.t | jr(j).t | rḏ(j).t | jj(j).t |
‘gehört hat’ | ‘gepackt hat’ | ‘gemacht hat’ | ‘gegeben hat’ | ‘gekommen ist’ |
𓌴𓁹𓄿𓄿𓏏 ~ 𓌴𓁹𓄿𓈖𓏏 | ||||
mꜣꜣ.t ~ mꜣn.t | ||||
‘gesehen hat’ | ||||
Unregelmäßig: | ||||
𓃹𓈖𓏏 | ||||
wn.t | ||||
‘gewesen ist’. |
Bei Verben IIIae infirmae ist bei passiver Bedeutung auch eine Stammschreibung mit y belegt: 𓁹𓇋𓇋𓏏. Ob es sich bei der passiv zu übersetzenden Form um eine von der aktiv zu übersetzenden wirklich verschiedene Form handelt, ist nicht ganz klar. (Traditionell werden die wenigen passiv zu übersetzenden Belege bloß jry.t transkribiert und auf die passive Bedeutung ggf. im Kommentar hingewiesen.) Wahrscheinlich liegt hier aber das bekannte orthographische Phänomen der Einfach-Schreibung identischer zusammenstoßender Konsonanten, d.h. ein -tt(w) **/VttV/, vor (D. Werning). Dann wäre die Form als jry.t(.tw) zu transkribieren.
Passiv
Stark | IIae geminatae | IIIae infirmae | rḏ(j) |
---|---|---|---|
𓄔𓅓𓏏 | 𓁹𓏏 ~ 𓁹𓇋𓇋𓏏 | ||
sḏm.t(.tw) | jr(j).t(.tw) ~ jry.t(.tw) | ||
‘gehört wurde’ | ‘gemacht wurde’. |
(2) Gebrauch
Der Kompletiv wird nur noch in ganz wenigen Kontexten genutzt, und zwar:
a) negiert durch 𓂜: | n(j) sḏm.t(⸗f) | ‘(Er) hat noch nicht gehört.’ | (Hauptsatz) |
‘bevor er gehört hat.’ | (adverbieller Nebensatz) | ||
b) nach der Präposition 𓂋: | r sḏm.t(⸗f) | ‘bis er gehört hat.’ | (adverbieller Nebensatz) |
c) nach der Präposition 𓇥𓂋: | ḏr sḏm.t(⸗f) | ‘seit er gehört hat.’ | (adverbieller Nebensatz) |
‘sobald(?) er gehört hat.’ | (adverbieller Nebensatz). |
- Beispiel:
- Kompletiv als adverbialer Nebensatz in einer Emphatischen Konstruktion (§85):
𓆣𓂋𓈖 𓂋𓈖𓎢 𓂜 𓄟𓋴𓇋𓇋𓏏 𓂋𓍿𓀀𓁐𓏥 ḫpr.n rn⸗k n(j) msy.t(.tw) r(m)ṯ.(w) werden:nmlr:ant Name:m.sg=2sg.m neg gebären:kompl:pass Mensch:m.pl 𓂜 𓐍𓊪𓆣𓂋𓏏 𓊹𓏤𓀭𓏥 (Allen 2010: 315) n(j) ḫpr.t nṯr.(w) neg werden:kompl Gott:m.pl
- ‘(Schon) bevor die Menschen geboren worden waren
und bevor die Götter entstanden waren, entstand (bereits) dein Name.’
(3) Erkennbarkeit
Es ergibt sich für den Kompletiv teils dieselbe Schreibung wie die t(w)-Passiv-Form anderer Suffixkonjugationsformen (§81; z.B. Kompletiv 𓄔𓅓𓏏 sḏm.t vs. t(w)-Passiv des Subjunktiv/Imperfektiv/… 𓄔𓅓𓏏 sḏm.t(w)). Da der Kompletiv aber nur hinter n(j), r, und ḏr vorkommt, ist eine Verwechslungsgefahr eben nur hinter n(j), r, und ḏr gegeben. Zwingt sich nun für das 𓄔𓅓𓏏 hinter n(j), r, und ḏr eine aktive Bedeutung auf, ist es sehr wahrscheinlich der Kompletiv (sḏm.t), ist die Bedeutung passiv, so ist es in der Regel ein t(w)-Passiv (sḏm.t(w)). Natürlich kann es sich nur um einen Kompletiv handeln, wenn die betreffende spezifische Bedeutung des Kompletiv (siehe (2) oben) im Kontext der fraglichen Textstelle Sinn macht.
Literaturhinweise
Allen (²2010: ch. 22.12–16); Schenkel (⁵2012: 7.3.1.1.8, 7.3.1.2.6); Zonhoven (1997); Werning (2011, I: 95, Fn.33).
Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).
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Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§88", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A788%26oldid=710 (Zugriff: 28.11.2024).
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