Faltbalgenkamera

Aus Medienarchäologischer Fundus

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Grunddaten

Inventarnummer: 0093
Land: Deutschland
Hersteller: Woldemar Beier KG
Baujahr: 1951
Modell: Precisa

Beschreibung

Faltkamera Beier Beirax II (1955)

Die Beirax II mit integriertem Sucher ist eine Mittel­formatkamera der Kamerafabrik Woldemar Beier KG, Freital bei Dresden aus dem Jahr 1955.[1]


Beier Beirax Flickr CCkl.jpg Beier Beirax II


  • Technik

Der Aufbau einer Kamera lässt sich unter anderem nach der äußeren Form in verschiedene Katergorien einteilen. Die Beier Beirax II gehört zu den Balgenkameras. Unter diese Rubrik fallen die Laufbodenklappkamera und die Springklappkamera.[2] Mitte des 19. Jahrhundert wurde die sogenannte Reise­kamera entwickelt. Sie ermöglichte das platzsparende Zusammenlegen der Kamera, wenn sie nicht gebraucht wurde. Auch der Abstand zwischen Objektiv und Bildebene konnte nun leicht verändert werden. Dafür konstruierten die Kamerabauer einen Harmonika ähnlichen Balgen der die Objektivhalterung und den Bildrahmen miteinander verbund. Die Klappkamera mit Laufboden war die Weiterentwicklung der Reisekamera. Der Laufboden ist eine Art klappbarer Deckel mit Schienen, auf dem das Objektiv verschoben werden kann. Bei den Laufbodenkameras musste zuerst die Sperre des Deckels gelöst und dann der Laufboden bis zum Einrasten der Spreizen heruntergedrückt werden. Danach wurde das Objektiv auf einem Schlitten an den Schienen des Laufbodens bis zum Anschlag nach vorne gezogen.[3] Da dieser Vorgang bis zum Auslösen des Apparates viel Zeit in Anspruch nahm, entwickelte man in den 1920er-Jahren die Springklappkamera. Sie bot neue Vorzüge: der Kameradeckel öffnet sich schnell auf Knopfdruck in rechtwinkeliger Lage und die Spreizen rasten ein. Die Springklappkamera war „wegen ihres zweckmäßigen Aufbaus und der hohen Schussbereitschaft sehr beliebt und verbreitet.“[4]

Die Begriffe Falt- und Klappkamera können hier als Synonyme und verkürzte Begriffe verwendet werden. Der Balgen wird zusammengefaltet und den Kameradeckel musste man von Anfang an aufklappen, um das Objektiv herauszufahren.


  • Aufnahmeformate

Das Aufnahmeformat 6 cm x 9 cm kam während des Ersten Weltkriegs in Mode, man legte Wert auf eine kleine, gut mitzuführende Kamera. Die Größe des Apparates hing besonders von der Größe des Aufnahmeformats ab.[5] Die Entwicklung zu noch kleineren Formaten setzte sich fort, so kam das Format 4,5 x 6 cm² auf. Für Amateurzwecke hatte sich in den 1950er- und 60er-Jahren das Kleinbild und das Mittelformat (6 x 6 cm²) durchgesetzt. Übliche Formate für professionelle Anforderungen, wie technische Aufnahmen, Industriefotografie oder Bildberichterstattung waren 6,5 x 9 cm², 9 x 12 cm² und 13 x 18 cm².[6]

Die Beirax II ist eine horizontale Zweiformatkamera mit den Aufnahmeformaten 4,5 x 6 cm² und 6 x 9 cm². Sie hatte als Nachfolger der Version von 1950 einen integrierten optischen Sucher, anstatt eines aufklappbaren Suchers. Der Sucher ist in mehrere Bereiche eingeteilt und somit für beide Aufnahmeformate eingerichtet. Um das kleinere Format zu benutzen, wird eine Maske in die Filmführung eingelegt.[7]


  • Sonstige Merkmale

Das vergütete Objektiv ist von E. Ludwig Meritar und hat eine Brennweite von 105 mm und eine 1:4,5 Blende. Der Verschluss ist ein Junior/Tempor mit den Zeiten B für Langzeitbelichtungen (offen, solange der Auslöser betätigt wird), 1/250, 1/100, 1/50, 1/25 und 1 Sekunde. In der Beirax II wurde der Standardrollfilm Typ 120 benutzt. Um die Kamera besser halten zu können, hat sie an der linken Seite einen schmalen Lederriemen. Diese Beirax II besitzt keinen Aufstellfuß am Laufboden, was auf die letzte Bauversion der Kamera schließen lässt.[8] In die Belederung am Gehäuse ist Beirax (vorne) und das Beier-Logo sowie der Vermerk „Made in Germany“ (Rückseite) geprägt.


  • Kamerafabrik Woldemar Beier

Die Kamerafabrik Woldemar Beier KG wurde am 1. April 1921 in Freital bei Dresden eröffnet.[9] Bau­beginn der Beirax-Reihe war Anfang der 1930er-Jahre. Die Beirax II wurde in den Jahren 1955 bis ca. 1961 gebaut.[10] 1972 wurde die Fabrik zum Volkseigenen Betrieb (VEB) Kamerafabrik Freital verstaatlicht. Acht Jahre später wurde die Fabrik in das Kombinat[11] VEB Pentacon eingegliedert und Mitte der 1980er-Jahre erfolgte die Angliederung an das Kombinat VEB Carl Zeiss Jena. Ab 1990 verwaltete die Treuhandanstalt die Kamerafabrik Freital und löste sie kurze Zeit später auf.[12]


Werbung beiraxkl.jpeg Werbung für die Beirax II und die Precisa II (1954).


  • Fußnoten
  1. vgl. Kadlubek 2004, 115
  2. vgl. Stüper 1962, 10
  3. vgl. ebd., 11 ff.
  4. Ebd., 15
  5. Die erste Kamera von Daguerre hatte 16 x 22 cm² große Kupferplatten als Bildfeld. Dementsprechend groß musste der Apparat mindestens sein. (vgl. Stüper 1962, 5)
  6. Stüper 1962, 5
  7. vgl. http://lippisches-kameramuseum.de/Beier/Beier_Beirax_II.htm (zuletzt abgerufen am 11.2.2014)
  8. vgl. ebd.
  9. vgl. Kadlubek 2004, 115
  10. vgl. http://www.beier-kamera.de/html/beirax_ii_4.html (zuletzt abgerufen am 11.2.2014)
  11. Gruppe von mehreren VEBs
  12. vgl. http://www.dresdner-kameras.de (zuletzt abgerufen am 11.2.2014)


  • Quellen

Böhling, Dirk: Lippisches Kamera Museum http://lippisches-kameramuseum.de/Beier/Beier_Beirax_II.htm

Kadlubek, Günther; Hillebrand, Rudolf: Kadlubeks Kamera-Katalog, 5. Auflage. Verlag Rudolf Hillebrand, Neuss 2004

Knorre, Thomas http://www.beier-kamera.de/html/beirax_ii_4.html

Sorms, Michael http://www.dresdner-kameras.de

Stüper, Josef: Die Photographische Kamera. Springer-Verlag, Wien 1962


- - - Hannah Schönholz – 12. Februar 2014.


Günter Kadlubek und Rudolf Hillebrand, Kadlubeks Kamera-Katalog, Neuss 2004.


Bilder

Precisa 1

Precisa 2