Ṣidq (Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit)

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Der Begriff ṣidq bedeutet Ehrlichkeit, Vertrauenswürdigkeit und Wahrhaftigkeit.[1] Das Antonym von ṣidq ist kiḏb, dass als „Lüge“, „Falschaussage“ oder „nicht vertrauenswürdig“ übersetzt werden kann.[2]

Ṣidq im Koran und Hadith

Ṣidq in der Hadithwissenschaft

In der Hadithwissenschaft spielt ṣidq insofern eine Rolle, als dass sein Derivat ṣadūq die allgemeine Vertrauenswürdigkeit eines Tradenten (rāwī) wiedergibt. Überlieferungen von Personen, die ṣadūq sind, nicht unbedingt die höchste Stufe der Authentizität; ṣidq ist auch nicht eine hohe Stufe der Vertrauenswürdigkeit. Es gibt im Grunde genommen nur wieder, dass eine grundsätzlich vertrauenswürdige Person einen Hadith tradiert, ohne eine makellose Vertrauenswürdigkeit zu attestieren. So ist es möglich, dass solche Tradenten in Überlieferungen Fehler begehen können.[3]

Ṣidq in der adab-Literatur

Abū l-Ḥasan al-Māwardī (gest. 450/1058) definiert ṣidq als „das Berichten eines Sachverhalts so wie es in Wirklichkeit ist.“[4] In seinem Werk Adab ad-dunyā wa-d-dīn untersucht er die Gründe, die den Menschen zur Ehrlichkeit bewegen (sog. dawāʿī aṣ-ṣidq). Als ersten Beweggrund wird der Verstand (ʿaql) genannt. Der Verstand führe zur Erkenntnis, dass das Lügen schlecht und die Ehrlichkeit gut sei. Das Lügen habe kein Nutzen und verhindere nicht den Schaden, während die Ehrlichkeit den Nutzen nicht ausschließe und zu keinem Schaden führe. Der Verstand bewege den Menschen zu Taten, die als gut betrachtet würden und verhindere das Begehen von schlecht angesehenen Taten.[5] Der zweite Beweggrund ist nach al-Māwardī die Religion. Die Religion gebiete die Ehrlichkeit und verbiete das Lügen. Es sei unmöglich, dass die Religion etwas erlaube, was vom Verstand her als schlecht betrachtet werde; die Religion setze nur zusätzliche Gebote und widerspreche der Vernunftwahrheit nicht. Der Verstand verbiete alles, was dem Menschen nicht nützlich sei. Das Lügen jedoch kann auch in bestimmten Fällen einen Nutzen haben. Die Religion verbietet das Lügen, auch wenn es einen Nutzen hat.[6] Der dritte Beweggrund ist die Mannhaftigkeit (murūʾa). Die Mannhaftigkeit des Menschen verhindere das Begehen von verpönten Taten. So schließt Māwardī mit dem Erst-recht-Argument (genauer: der Schluss vom Kleineren auf das Größere, lat. argumentum a minore ad maius), dass die Mannhaftigkeit „erst recht“ schlecht angesehene Taten verbietet.[7] Der letzte Beweggrund ist die Liebe zur Berühmtheit durch Ehrlichkeit. Der Mensch neige dazu, dass seinem Wort Vertrauen geschenkt wird. Dafür sei die Ehrlichkeit und Vertrauenswürdigkeit eine wichtige Voraussetzung, die der Mensch versuche zu erfüllen.[8]

Literatur

Quellenangaben

  • Çağrıcı, Mustafa. „Sıdk”. TDV İslam Ansiklopedisi. Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2009.
  • Ibn Manẓūr. Lisān al-ʿarab. Kairo: Dār al-maʿārif, 2008.
  • Al-Māwardī. Adab ad-dīn wa-d-dunyā. Beirut: Dār al-minhāǧ, 1434/2013.
  • Özel, Ahmet. „Saduk“. TDV İslam Ansiklopedisi. Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2008.

Autor*innen und Referenzen

An diesem Artikel haben gearbeitet: Bahattin Akyol.

  1. Çağrıcı, „Sıdk”.
  2. Ibn Manẓūr, Lisān al-ʿarab, IV: 2417.
  3. Özel, „Saduk“.
  4. Al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 418.
  5. Al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 419.
  6. Al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 420.
  7. Al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 420.
  8. Al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 421.