Takt

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Begriff


Der Takt (von lat. "tactus" = Berührung oder Stoß) ist eine Technik oder Maßnahme zur Segmentierung von Prozessen. Durch die Taktung von Abläufen - z.B. in der Musik oder im Computer - werden Periodizität und Rhythmus erzeugt und somit Synchronisierung ermöglicht.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Der Takt ist in seinem Wesen ein fundamentales Merkmal oder sogar eine Notwendigkeit technischer Medien. Diese zeichnen sich durch die "nahezu identische Reproduzierbarkeit ihrer elementaren Maßeinheiten und Bausteine"[1] aus. Ein Takt als Zeiteinteilung und rhythmusgebendes Werkzeug/Element findet sich in fast allen Techniken, die Synchronisation erfordern, auf ihr beruhen oder sie selber sogar herstellen, wieder. Hier sollen nicht alle aufgezählt werden (auch wenn eine Gegenüberstellung der verschiedenen "Einsatzgebiete" des Taktes interessant sein könnte: Musik, Literatur, Computer, Telegrafie). Vielmehr soll sich kurz der strukturellen Besonderheit angenähert und diese medienwissenschaftlich betrachtet werden.

Bei der Notation des Takts in der Musik wird wieder ein Aspekt der Darstellung zeitlicher Prozesse, der Optimierung von Synchronisation deutlich: Die Umwandlung von Zeitunterschieden in Raumunterschiede. Durch die gleichläufig abtrennenden Taktstriche wird die Regelmäßigkeit der Zeiteinteilung ins Visuelle transportiert.

Der Takt als zeitstrukturierendes, und -diskretisierendes Verfahren entlöst die Zeit aus ihrem performativen Dasein aus der passiven Präsenz, ihrer natürliche Linearität, dem Fortlaufen. Taktung bringt Zeit selbst als etwas Operatives hervor. Zeitlichkeit wird hier zur Aktion oder zum Agenten. Die Eigenzeit der Medien bestimmt die Prozesshaftigkeit und damit das Wesen derselben. Der Takt als "Puls" des Computers und Voraussetzung für Orchestermusik hat auch den Wesenszug des Planbaren. Er ermöglicht nicht nur digitalen Datenübertragung durch das Herstellen gleicher Frequenzen oder das gemeinsame Musizieren bei unterschiedlichen Rhythmen und Melodien, also die Synchronisation technischer (oder nicht technischer) Abläufe, sondern auch das theoretische Beschreiben eines Prozesses im Voraus. Im Falle der Musik ist es der Komponist, der möglicherweise eine ganze Symphonie aufschreiben kann, und um den Klang wissen, ohne sie vor dem Ende des Kompositionsprozesses zu hören. Im Falle des Computer werden durch das Taktsignal nahezu alle Systemeinheiten angesteuert und synchronisiert um Informationsübertragungsprozesse zu ermöglichen.[2]. Grundlage der Takterzeugung im Digitalcomputer ist die Oszillation. Das Taktsignal schaukelt gleichmäßig zwischen zwei Logikpegeln hin und her. Demnach entspricht ein Taktsignal einem Rechenschritt. Die Rechengeschwindigkeit resultiert aus der Taktfrequenz (und letzendlich auch aus der Gesamtarchitektur des Computers, die Taktfrequenz ist hier eher das Limit). Diese liegt bei modernen Computern bei mehreren Milliarden Hertz. Bei einer Taktfrequenz von 1 GHz bedeutet das eine Dauer pro Rechenschritt von einer Nanosekunde. Diese extrem kurzen Zeitabschnitte können aber nicht nur durch den Takt bestimmt werden, sie werden eben auch direkt von ihm angeleitet.

Die Zuspitzung liegt hier im mehrfachen Sinne im Zeitkritischen des Computers. Zum einen verdeutlicht die Beschreibung des Taktes die Dimension (ins kleinschrittige, also eher nach unten als nach oben) der zeitkritischen Prozesse im Computer. Zum einen blicken wir hier auf ein Paradoxon auf den ersten und das medientechnische Apriori auf den zweiten Blick: Der Computer zählt die Zeit im Taktgeber. Das bedeutet zum einen, dass Zeit etwas zählbare ist, es setzt schon die Diskretheit der Zeit voraus[3]. Zum anderen wird hierdurch schon sichtbar, dass der Takt erlaubt, dass sich ein System selbst koordiniert, synchronisiert und stabilisiert. Sicherlich kann auch der Taktgeber als extrinisisches Objekt angesehen werden. Medienwissenschaftlich ist hier aber das ganze System mit den Übertragungsprozessen der einzelnen Teilen miteinander interessant. Und das a priori? Liegt am Ende des Kreislaufes und ganz in der Kybernetik. Durch den Takt wird der Computer auch für sich selbst messbar. Im zeitkritischen Prozess der Taktung und Rechnung wird der Computer zum Beobachter seiner selbst. Er nimmt sich in seiner Eigenzeitlichkeit wahr, schreibt diese selbst. "Zeit wird hier aus der Welt, aus der physis selbst gewonnen; Computerprozessoren messen die Zeit durch das Zählen periodischer Schwingungen angeregter Atome eines externen Quarzes."[4]


Artefakte


Metronom, Taktgeber (Computer)

Weiterführendes


In Hinblick auf den Takt als zeitführendes Objekt nicht relevant, aber epistemologisch durchaus interessant, ist die Sicht auf den Computer aus einer anthropomorphen Perspektive: Der Takt ist vergleichbar mit dem menschlichen Puls, der Prozessor, dem der Takt inne ist, dem Herzen etc..

Ein Gegenentwurf zum Computer, der in der Frequenz des Taktgebers rechnet, ist das Asynchronous Computing.

Textverweise


  1. Wolfgang Ernst: Mediamonastik. Taktung im Widerstreit zwischen Liturgie und Maschine. In: Klosterforschung. Befunde, Projekte, Perspektiven. hrsg. von Jens Schneider. München 2006. S. 163.
  2. vgl. "Taktgeber". In: IT-Wissen. Online unter: http://www.itwissen.info/Taktgeber-clock-CLK.html. Zuletzt abgerufen am 27.10.2017.
  3. Alan Turing schlägt vor, "Diskretheit in die Zeit einzuführen". Hier: Alan M. Turing: The State of the Art. In: Intelligence Service. Ausgewählte Schriften. hrsg. von Bernhard Dotzler und Friedrich Kittler. Berlin 1987. S. 192.
  4. Wolfgang Ernst: Mediamonastik. S. 175.