Gleichursprünglichkeit

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Begriff


Gleichursprünglichkeit ist eine Wortneuschöpfung und setzt sich aus gleich und ursprünglich zusammen. Damit sollen bestimmte non-lineare Zusammenhänge, speziell von technischen Medien im Vollzug, beschreibbar werden. Wird zum Beispiel ein Computerprogramm aus den 70er Jahren mit der Hilfe einer Emulation auf einem zeitgenössischen Rechner ausgeführt, so ist das Programm im Moment des Vollzugs nicht etwa historisch, sondern gleichursprünglich.


Medienwissenschaftliche Perspektive


Gleichursprünglichkeit steht ähnlich wie Rekursion für eine nicht-historische Betrachtung von Medienzeit. Bei der Gleichursprünglichkeit wird davon ausgegangen, dass es ein medienaktives Wissen gibt, dem Mathematik, Physik und deren Gesetze zugrunde liegen. Diese Gesetze sind zeitlich invariant, sind aber in ihrer Medienwerdung mit der allgemeinen Kulturgeschichte verflochten. Das Wissen wartet sozusagen darauf, immer wieder neu gedacht zu werden. Je nachdem, in welchem historischen und diskursiven Umfeld Medien gedacht werden, kommen sie gleichursprünglich zur Geltung. Dieses Gleichursprüngliche, welches technischen Medien zugrunde liegt, liegt non-diskursiv abseits der Geschichte und kommt in loopartigen, rekursiven Bewegungen zum Vorschein. Deshalb brechen technische Medien mit der Zeitweise von Fortschrittsgeschichte, die Medien als Abfolge technischer Entwicklungen weiter erzählt. Technischen Medien liegt etwas zeitinvariantes zugrunde, welches mittels Medienerfindungen durch (u.a.) den Menschen erkannt werden. So Wolfgang Ernst selbst : "[D]as Wissen [ist] schon in den operativen Dingen selbst angelegt, wartend darauf, dass menschliche Kultur es in immer neuen Anläufen explizit macht und operativ in den Griff bekommt, in Form elektronischer Medien und/oder mathematischen Maschinen"[1]


Artefakte


Emulatoren; ausführbare Programme; aber eigentlich auch alle Medien, die techno-mathematisches Wissen operativ machen.


Weiterführendes


Wolfgang Ernst: Gleichursprünglichkeit. Zeitwesen und Zeitgegebenheit technischer Medien Berlin: Kadmos 2012

Gerard Simondon Begriff der "recurrent causality" kann unter Umständen ebenfalls produktiv gemacht werden. https://monoskop.org/images/7/7e/Simondon_Gilbert_1958_2007_Technical_Individualization.pdf (Zuletzt aufgreufen: 31.10.2017)


Textverweise


  1. Wolfgang Ernst: Gleichursprünglichkeit. Zeitwesen und Zeitgegebenheit technischer Medien Berlin: Kadmos 2012 S.428.