Bildtelegraph

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Geschichte und Funktion


Der Bildtelegraph oder Pantelegraph ist das erste Gerät, das es ermöglichte, Bilder kommerziell über große Distanzen hinweg zu übertragen (ohne das Original dabei zu bewegen). Er ist die grundlegende Technologie für folgende Kopier- und Bildübertragungstechnologien.

Der erste Pantelegraph wurde 1856 von Giovanni Caselli in Florenz vorgestellt. Damals wurde der Apparat als eine der bedeutendsten Erfindungen des 19. Jahrhunderts bezeichnet. Nachdem er von anderen Technologien abgelöst wurde, geriet Pantelegraph jedoch eher in Vergessenheit.

Medienwissenschaftliche Perspektive


Pantelegraph

Im Gegensatz zur Telegraphie, bei der sprachliche Botschaften (z.B. Morse) übertragen werden, muss in der Bildtelegraphie eine möglichst exakte Kopie (siehe Reproduktion, eine visuelle Repräsentation des Originals von einem Telegraphen an einen anderen, räumlich entfernten Telegraphen übermittelt werden. Hierzu wird "beim Sender mit nichtleitender Tinte [das Bild] auf Silberpapier aufgetragen und dann bei synchronem Pendelschlag der beiden Geräte auf der Empfängerseite durch elektrische Impulse, die auf chemisch präpariertes Papier treffen, wieder sichtbar gemacht."[1] Der Bildtelegraph, bzw. Telegraphie allgemein funktioniert also nur über die Synchronisation zweier Systeme. Der Gleichlauf der Pendel ermöglicht die Übertragung der Nachricht und somit auch die Synchronisierung größerer Systeme (z.B. der Eisenbahn).

Medienwissenschaftlich ist der Bildtelegraph aus verschiedenen Gründen interessant: Es ist in sich eine technische, wenn auch nicht technologische Apparatur, die nicht nur überträgt, sondern vor allem prozessiert, umwandelt. Die Übersetzung der mechanischen Signale in elektrische Impulse und die Rückumwandlung dieser ist ein grundlegender Prozess von Medientechnik. Zudem befeuert die Technologie auch einen epistemologischen Wandel: Das Bild wird vom diskursiven Element zum Informationsträger, bzw. zur Information selbst. Ein Meilenstein in der digitalen Datenübertragung.[2] Hieran wird klar: Bildübertragung kann (nur) manuell bzw. physisch erfolgen, in Übertragungstechnologien wie Telegraphie, Fax, Fernsehen, Emails etc. werden Informationen übertragen.
Darüber hinaus ist der Bildtelegraph aber auch in hohem Maße zeitkritisch. Das Grundproblem der Synchronisierung von Abläufen wird hier überwunden. Der Bildtelegraph hebt nicht nur die geografisch gegebenen räumlichen Distanzen auf (durch die Geschwindigkeit der elektrischen Telegraphenleitung), sondern auch die zeitlichen Unterschiede bzw. Verschiebungen, die bis dahin bei der Kopie eines Bildes und dem Transport der Kopie des Bildes unabdingbar waren. Als Technik ist der Telegraph jedoch nicht hinsichtlich des Bezugssystems zeitkritisch, sondern durch seine eigene "Zeitsensibilität". Das Gelingen des Übertragungsprozesses ist unmittelbar abhängig von dem Gelingen der Synchronisierung der beiden Apparate. Jede kleine zeitliche Verschiebung, als Asynchronität führt zu einer räumlichen Verschiebung des Bildes auf der Folie des Empfängers.


Weiterführendes


Zur Wissensgeschichte des Kopiertelegraphen wird folgendes Buch empfohlen: Julia Zons: Casellis Pantelegraph - Geschichte eines vergessenen Mediums. Bielefeld 2015.

Etwas kürzer und zur medienwissenschaftlichen Einordnung werden die Seiten 144-159 des folgenden Beitrags empfohlen: Christian Kassung, Albert Kümmel: Synchronisationsprobleme. In: Signale der Störung. hrsg. von Albert Kümmel, Erhard Schüttpelz. München 2003.


Textverweise


  1. Julia Zons: Casellis Pantelegraph - Geschichte eines vergessenen Mediums. Bielefeld 2015. S. 7
  2. Peter Berz: Kommentar zu Kassung/Kümmel: Synchronisationsprobleme. In: Signale der Störung. hrsg. von Albert Kümmel, Erhard Schüttpelz. München 2003. S. 167.