Archiv

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Begriff


Der Begriff leitet sich aus dem Lateinischen von "archivum" = Aktenschrank ab; bzw. aus dem Altgriechischen "ἀρχεῖον" = archeíon = Amtsgebäude. Als Archiv wird eine Institution bezeichnet, die Kulturgut unbegrenzt und sortiert aufbewahrt. Das Archiv unterscheidet sich in eben diesen Aspekten vom Museum, welches Artefakte gezielt zusammen- und für einen festgelegten Zeitraum ausstellt.


Medienwissenschaftliche Perspektive


"Archiv meint zum Einen Ordnung und Regelung, aber auch die zeitweilige Aufhebung, die Vor(ent)haltung und den Entzug von Urkunden gegenüber der monetären, (kultur-)semiotischen oder digitalen Zirkulation."[1]

Dem Archiv kommt demnach eine aufhebende, bewahrende, ordnende aber auch verschließende Rolle zu. In diesen Aspekten unterscheidet es sich schon wesentlich von einer Bibliothek oder einem Museum. Das Archiv ist Teil des kulturellen Gedächtnis' oder ist es sogar selbst; das Museum oder die Bibliothek speist daraus eine Performation, stellt aus und zusammen. Das Archiv ist kein Artefakt des Gedächtnisses, es ist nichts Passives, nicht ein Speicher, der gefüllt wird, es wird selbst kulturell produktiv, es prozessiert. Diese Annahme ist schon nah bei Foucault.

Michel Foucault unternimmt in der "Archäologie des Wissens" verschiedene Versuche, sich dem Archiv sowohl phänomenologisch als auch in dessen Gestalt als etwas Operatives zu nähern. Das Archiv definiert das "System [der] Aussagbarkeit" der Aussage und ist das "System ihres Funktionierens"[2]. Das unterstreicht das Archiv erneut als Bezugssystem und Fundament. Die produktive Ebene des Archivs erläutert er an der Sprache: "Zwischen der Sprache, die das Konstruktionssystem möglicher Sätze definiert, und dem Korpus, das die gesprochenen Worte passiv aufnimmt, definiert das Archiv eine besondere Ebene: die einer Praxis [...]. [...] sie bildet nicht die zeit- und ortlose Bibliothek aller Bibliotheken [...]. Es ist das allgemeine System der Formation und der Transformation der Aussagen."[3].

Das Archiv ist für ein Fachgebiet, das sich "Medienarchäologie" nennt, unverzichtbar und elementarer Grundgedanke des Forschungsansatzes. Das Archiv ist auf Speichern, nicht auf Abrufen angelegt. Die hiesige Medientheorie handelt im Sinne des Archivs. Noch mehr gilt es, "modular das Archiv zu schreiben"[4]. Medientheorie beschäftigt sich nicht mit der inhaltlichen Aufbereitung und dramaturgischen Umsetzung in Medien, sondern beschreibt ihre Funktion, entbirgt aus dem Bestand der Medientechniken deren Wesen und stellt darüber hinaus epistemologische Zusammenhänge her. Der Anspruch liegt also in einem Aufdecken von Rekursionen und Diskontinuitäten, oder in einem in seiner eigenen Struktur selbst rekursiven, diachronen Aufarbeiten medientheoretischer Episteme und Eskalationen.


Artefakte


Das Archiv als operative Instutition, als wissenspeicherndes und so wissengenerierendes Organ ist das Artefakt seiner selbst. Es ist im selben Moment, im selben Sinne ein Objekt und ein Epistem.


Weiterführendes


Zur analytischen Untersuchung und dem Verständnis vom Zusammenhang zwischen Archiv und Archäologie wird die Lektüre Michel Foucaults "Archäologie des Wissens" empfohlen.
Zur Einordung in die Berliner Medienwissenschaft bieten sich die Notizen zu den Themen Archiv, Speicher und Gedächtnis von Wolfgang Ernst an: "Gedächtnis als Funktion und Opfer seiner Medien, oder: There is no memory (any more)". Online unter: https://www.musikundmedien.hu-berlin.de/de/medienwissenschaft/medientheorien/texte-und-notizen-zur-medienarchaeologie/memory-tec-siegen.pdf/view. Zuletzt aufgerufen am 28.10.2017.


Textverweise


  1. Wolfgang Ernst: Medien, die das Archiv unterlaufen. Kurzfassung des Vortrags im Rahmen der Konferenz »art::archive::architectures« am Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, 24./25. Juni 2011. Online unter: https://www.musikundmedien.hu-berlin.de/de/medienwissenschaft/medientheorien/texte-und-notizen-zur-medienarchaeologie/med-kunst-arc-zkm-reif.pdf/view (zuletzt aufgerufen am: 08.10.2017)
  2. Michel Foucault: Archäologie des Wissens. Berlin 1981. S. 188.
  3. Foucault: Archäologie des Wissens. S. 188.
  4. Wolfgang Ernst: M.edium F.oucault - Weimarer Vorlesungen über Archive, Monumente und Medien. In: ['medien]ix4. hrsg. von Claus Pias, Joseph Vogl und Lorenz Engell. Weimar 2000. S. 9.