Konfidenzintervall für den Erwartungswert bei unbekannter Varianz
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Konfidenzintervall für den Erwartungswert bei Normalverteilung der Grundgesamtheit
Es gilt:
.
Weiterhin sei die Standardabweichung als Wurzel aus der Stichprobenvarianz und das -Quantil der t-Verteilung.
Dann ist
ein Konfidenzintervall für den unbekannten Parameter der normalverteilten Zufallsvariablen mit unbekannter Varianz zum Konfidenzniveau
Wurde die Stichprobe gezogen und liegen die Stichprobenwerte vor, dann lassen sich daraus
- die Punktschätzwerte und
- und das Schätzintervall
- bestimmen.
Da die t-Verteilung mit wachsender Anzahl der Freiheitsgrade und somit mit wachsendem Stichprobenumfang gegen die konvergiert, kann bei genügend großem Stichprobenumfang approximativ die Standardnormalverteilung und statt verwendet werden. Man erhält dann ein approximatives Konfidenzintervall.
Konfidenzintervall für den Erwartungswert bei unbekannter Verteilung der Grundgesamtheit
Wenn die Zufallsvariable in der Grundgesamtheit nicht normalverteilt und die Varianz unbekannt ist, kann unter der Voraussetzung eines großen Stichprobenumfanges das Konfidenzintervall
verwendet werden, das näherungsweise das Konfidenzniveau
hat.
Dies lässt sich darauf zurückführen, dass
- bei beliebig verteilter Grundgesamtheit die standardisierte Zufallsvariable bei großem Stichprobenumfang approximativ standardnormalverteilt ist (Anwendung des zentralen Grenzwertsatzes);
- die Schätzfunktion eine konsistente Schätzfunktion für ist und somit auch konsistent ist, d.h. es kann bei sehr großem Stichprobenumfang davon ausgegangen werden, dass hinreichend wenig um den wahren Wert streut;
- die Zufallsvariable , in der durch ersetzt wurde, ebenfalls bei genügend großem Stichprobenumfang approximativ standardnormalverteilt ist.
Zusatzinformationen
Herleitung des Konfidenzintervalls bei normalverteilter Grundgesamtheit
Es gilt:
.
Die standardisierte Zufallsvariable lässt sich jedoch nicht mehr bestimmen, da nunmehr unbekannt ist.
Die Varianz muss aus der Stichprobe geschätzt werden. Eine geeignete Schätzfunktion ist die Stichprobenvarianz
Die Standardabweichung als Wurzel aus wird für die Standardisierung verwendet:
Die Zufallsvariable folgt bei einer einfachen Zufallsstichprobe vom Umfang einer t-Verteilung mit der Anzahl der Freiheitsgrade :
Für die standardisierte Zufallsvariable lässt sich ein zentrales Schwankungsintervall angeben, in dem Realisationen mit einer vorgegebenen Sicherheitswahrscheinlichkeit
annimmt.
Dabei ist das -Quantil und das -Quantil der t-Verteilung.
Aufgrund der Symmetrie der t-Verteilung gilt:
und
Damit folgt:
Für die Wahrscheinlichkeit findet man in der Tabelle der t-Verteilung.
Die Verteilung ist somit bekannt und sie hängt nicht von dem unbekannten Parameter ab, so dass man nach Einsetzen von und einfachen Umformungen der Ungleichung ein Konfidenzintervall
zum Konfidenzniveau
erhält.
Charakteristika des Konfidenzintervalls bei normalverteilter Grundgesamtheit
- Das Konfidenzintervall ist ein bezüglich der Wahrscheinlichkeit symmetrisches Konfidenzintervall.
- Das Konfidenzintervall ist symmetrisch bezüglich der Punktschätzung. Die Grenzen des Intervalls haben zu den gleichen Abstand.
- Die Länge des Konfidenzintervalls und der Schätzfehler
- hängen über von den Stichprobenvariablen ab und sind somit Zufallsvariablen.
- Bei gegebenem Stichprobenumfang und Konfidenzniveau ergeben sich von Stichprobe zu Stichprobe unterschiedliche Schätzintervalle, die auch verschiedene Länge bzw. verschiedenen Schätzfehler aufweisen können.
- Die Länge des Konfidenzintervalls und der Schätzfehler hängen vom Stichprobenumfang und über vom vorgegebenen Konfidenzniveau ab.
- Da die Quantile aus der t-Verteilung größer sind als die Quantile aus der Standardnormalverteilung, sind die Konfidenzintervalle bei unbekannter Varianz der Grundgesamtheit breiter als bei bekannter Varianz, wodurch diese fehlende Information zum Ausdruck kommt.
- Die zusätzliche Unsicherheit bezüglich ist in die t-Verteilung "eingearbeitet".
Glühlampen
Ein Unternehmen stellt Glühlampen her. Die Marketing-Abteilung benötigt für Werbungszwecke eine Angabe über die durchschnittliche Brenndauer einer bestimmten Sorte von Glühlampen.
Aus statistischer Sicht ergeben sich dabei folgende Überlegungen:
- Die Erfassung der Grundgesamtheit, d.h. der Gesamtproduktion dieser Sorte von Glühlampen, ist aus zwei Gründen nicht möglich:
- Da auch in Zukunft diese Glühlampen produziert werden, liegt die Grundgesamtheit nicht vollständig vor.
- Mit der Feststellung der Brenndauer ist die Zerstörung der Glühlampen verbunden.
- Um systematische Fehler bei der Erfassung des Brenndauer zu vermeiden, wird eine Zufallsstichprobe gezogen.
- Das Ziehen einer einfachen Zufallsstichprobe (Zufallsauswahl mit Zurücklegen) macht bei dieser Problemstellung wegen der Zerstörung der Glühlampen keinen Sinn. Es wird somit eine uneingeschränkte Zufallsstichprobe (Zufallsauswahl ohne Zurücklegen) gezogen.
- Da die Gesamtproduktion jedoch sehr groß ist, spielt die Tatsache, dass ohne Zurücklegen gezogen wird, keine Rolle, denn die Verteilung in der Grundgesamtheit verändert sich dadurch so gut wie nicht. Die Stichprobe kann somit als eine einfache Zufallsstichprobe angesehen werden.
- Neben einer Punktschätzung für die unbekannte durchschnittliche Brenndauer soll ein symmetrisches Konfidenzintervall zum Konfidenzniveau angegeben werden.
- Über die Verteilung der Zufallsvariablen "Brenndauer" und die Varianz in der Grundgesamtheit liegen keine Informationen vor.
Zweiseitiges (approximatives) Konfidenzintervall
Wenn jedoch der Stichprobenumfang genügend groß gewählt wird, kann ein approximatives Konfidenzintervall
zum näherungsweisen Konfidenzniveau
ermittelt werden.
Zum vorgegebenen Konfidenzniveau findet man in der Tabelle der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung: .
Um einerseits eine ausreichende Approximation durch die Normalverteilung zu garantieren, andererseits aber die Kosten der Stichprobe gering zu halten, soll der Umfang der Stichprobe so klein als notwendig gehalten werden. In diesem Sinn wird gewählt.
Die konkrete Stichprobe führte zu folgenden Punktschätzungen:
- mittlere Brenndauer in der Stichprobe :
- Varianz in der Stichprobe:
- Standardabweichung in der Stichprobe:
Damit erhält man das Schätzintervall:
Da für das Schätzverfahren eine hohe Sicherheitswahrscheinlichkeit von 0,95 (d.h. recht nahe bei Eins) gewählt wurde, kann man davon ausgehen, eines der Schätzintervalle zum Stichprobenumfang erhalten zu haben, dass den wahren Wert enthält.
Einseitiges Konfidenzintervall
Aus der Sicht des Leiters der Marketing-Abteilung ist dieses Ergebnis insoweit unbefriedigend, dass aus psychologischen Gründen bei der Werbung keine Angabe über die obere Grenze der mittleren Brenndauer erfolgen sollte.
Er lässt deshalb ein nach oben offenes Konfidenzintervall, d.h. ein einseitiges Konfidenzintervall, bestimmen. Zum näherungsweisen Konfidenzniveau
findet man in der Tabelle der Verteilungsfunktion der Standardnormalverteilung:
.
Mit den Ergebnissen der gleichen Stichprobe ergibt sich für die untere Grenze:
und für das einseitige Schätzintervall
Auch für dieses Ergebnis gilt eine analoge Interpretation: Aufgrund der hohen Sicherheitswahrscheinlichkeit von 0,95 geht man davon aus, eines der einseitigen Schätzintervalle zum Stichprobenumfang erhalten zu haben, dass den wahren Wert enthält.