Philips VideoWriter 250
Aus Medienarchäologischer Fundus
Grunddaten
Inventarnummer: | ? |
Land: | Niederlande/Deutschland |
Hersteller: | Philips |
Baujahr: | 1987 |
Modell: | Philips VideoWriter 250 - Textcomputer - |
Beschreibung
Der Philips VideoWriter 250 steht am Ende einer Entwicklung, die zwischen Mitte der 1970er- und Mitte der 1980er-Jahre die semi-professionelle Textproduktion stark beeinflusst hat. Geräte, die leistungsfähig genug waren, eine Textverarbeitung mit Entwurfsfunktionen (What you see is what you get – WYSIWYG), mehrzeiliger Bildschirmdarstellung, Editierfunktionen und kostengünstigem Ausdruck zur Verfügung zu stellen, gab es als so genannte „Schreibautomaten“ zwar seit den 1960er-Jahren, sie waren jedoch wegen ihrer Anschaffungskosten ausschließlich für den professionellen Einsatz gedacht. Ebenfalls rechtfertigten die hohen Anschaffungspreise die Verwendung eines universell programmierbaren Computers nicht, diesen ausschließlich als Textverarbeitungssystem und damit als „single purpose machine“ zu verwenden.
1974 schloss der Computer-Entwickler WANG diese Lücke und entschied einen Computer anzubieten, dessen Hardware vollständig auf die Produktion von Texten zugeschnitten war und der auf vielseitig einsetzbare Peripherie verzichtete, weil mit ihm ausschließlich Textverarbeitung erledigt werden konnte. Privatanwender und kleine Firmen, die zu dieser Zeit zumeist noch mechanische Schreibmaschinen verwendeten, sollten ein Gerät bekommen, das mit den elektronischen Speicherschreibmaschinen professioneller Schreibbüros nicht nur konkurrieren konnte, sondern diese durch den Einsatz von Hardware-Software-Verbunden sogar übertrafen: Die so genannten „Word Processors“ bzw. „Textcomputer“. Ihre Vorteile lagen neben dem niedrigen Preis vor allem in der Start- und Ausführungsgeschwindigkeit der Textapplikationen, denn der Computer musste nach dem Einschalten lediglich ein rudimentäres Betriebssystem zu booten und das Textprogramm (zumeist aus dem ROM) aufzurufen.
Diese Geräte waren Turing-mächtige Mikrocomputer, zumeist auf der Basis von 8- oder 16-Bit-Prozessoren proprietärer Herstellung (WANG beispielsweise verbaute in seinen Geräten eigene Prozessoren). Als in der zweiten Hälfte der 70er-Jahre Mikroprozessoren größere Verbreitung und Standardisierung erfuhren, setzten Hersteller von Textcomputern auf geläufige Plattformen und die für diese programmierten und optimierten Betriebssysteme. (Diese Entwicklung ist mit derjenigen von Hardware-Logikanalysatoren zu vergleichen, die es auch nur in einem kurzen – fast demselben – Zeitraum als Single-Purpose-Mikrocomputersysteme zu erwerben gab.)
Der Philips VideoWriter 250 gehört zu diesem Typus Textcomputer und zugleich zur letzten Generation derartiger Geräte. Er basiert auf einem Z80A-Mikroprozessor und nutzt für sein eigens von Philips entwickeltes Textverarbeitungsprogramm das seinerzeit weit verbreitete Betriebssystem CP/M. (Die meisten Textcomputer basierten auf Zilogs Z80-Prozessoren und deren Nachfolgern, weil diese aufgrund ihrer komfortablen Opcodes zum Verschieben, Kopieren von und Suchen von Zeichen in Speicherblöcken ideale Bedingungen für schnelle Textverarbeitungssysteme lieferten.) Die Darstellung erfolgt auf einem 7-Zoll-Schwarzweißmonitor, der durch eine farbige Plastikblende den Eindruck eines Bernsteinmonitors erzeugt. Er verfügt über ein doppelseitiges 3,5-Zoll-Diskettenlaufwerk, das Double-Densitiy-Disketten unter CP/M mit bis zu 360 KB pro Seite formatieren kann. Auf diesen Disketten werden die Texte in einem proprietären Dateiformat gespeichert. Der Drucker des Philips VideoWriter 250 ist ein für die damalige Zeit sehr komfortabler und schriftsauberer 24-Nadel-Drucker, der ebenfalls aus der firmeneigenen Fertigung stammt.
Der Philips VideoWriter 250 ist ein Beispielgerät für eine kurze Zeitspanne von Computernutzung. Textcomputer sind spezialisierte Hardware-Software-Verbünde für einen einzigen Zweck und schlagen eine Brücke zwischen rein in Hardware realisierten mechanischen und elektrischen Schreibmaschinen und rein als Software realisierten modernen Textverarbeitungsprogrammen.
Dr. Stefan Höltgen