Loewe OE333: Unterschied zwischen den Versionen
Aus Medienarchäologischer Fundus
KKeine Bearbeitungszusammenfassung |
(Kategorie angelegt) |
||
(Eine dazwischenliegende Version desselben Benutzers wird nicht angezeigt) | |||
Zeile 17: | Zeile 17: | ||
Die Loewe Röhre 3NFB wurde durch ihre Verwendung für den Ortsempfänger OE333 bekannt und verbreitet – denn sie verfügte als erste Röhre über eine Art integrierten Schaltkreis. Die Röhre 3NFB wies einen Mehrfachröhrenaufbau auf. Mehrfachröhren unterscheiden sich von den Verbundröhren dahingehend, dass bei den Verbundröhren verschiedene Systeme in einen Kolben integriert sind und diese von einer gemeinsamen Kathode oder Heizung betrieben werden (Erb, 1997, Seite 235). Bei den Mehrfachröhren sind die verschiedenen Systeme mit separaten Kathoden bzw. Heizfäden ausgestattet (Erb, 1997, Seite 235). Demnach sind bei ihnen zwei oder mehr Röhrensysteme bei elektrischer Trennung mechanisch miteinander vereint. Die Mehrfachröhre verfügt über einen eigenen vollständigen Verstärker in der Röhre und ist vom Prinzip her ein Widerstandsverstärker. Loewe stellte zu Beginn 2 Modelle seiner Mehrfachröhren her, zum einen die Mehrfachröhre für Hochfrequenzverstärkung (2-stufiger aperiodischer Hochfrequenzverstärker) und zum anderen die Mehrfachröhre für die Niederfrequenzverstärkung. Die Niederfrequenzröhre umschloss den dreistufigen Widerstands-Ortsempfänger mit einer Dimensionierung der Kopplungsglieder (Funkbastler, 1926, Seite 537f.). | Die Loewe Röhre 3NFB wurde durch ihre Verwendung für den Ortsempfänger OE333 bekannt und verbreitet – denn sie verfügte als erste Röhre über eine Art integrierten Schaltkreis. Die Röhre 3NFB wies einen Mehrfachröhrenaufbau auf. Mehrfachröhren unterscheiden sich von den Verbundröhren dahingehend, dass bei den Verbundröhren verschiedene Systeme in einen Kolben integriert sind und diese von einer gemeinsamen Kathode oder Heizung betrieben werden (Erb, 1997, Seite 235). Bei den Mehrfachröhren sind die verschiedenen Systeme mit separaten Kathoden bzw. Heizfäden ausgestattet (Erb, 1997, Seite 235). Demnach sind bei ihnen zwei oder mehr Röhrensysteme bei elektrischer Trennung mechanisch miteinander vereint. Die Mehrfachröhre verfügt über einen eigenen vollständigen Verstärker in der Röhre und ist vom Prinzip her ein Widerstandsverstärker. Loewe stellte zu Beginn 2 Modelle seiner Mehrfachröhren her, zum einen die Mehrfachröhre für Hochfrequenzverstärkung (2-stufiger aperiodischer Hochfrequenzverstärker) und zum anderen die Mehrfachröhre für die Niederfrequenzverstärkung. Die Niederfrequenzröhre umschloss den dreistufigen Widerstands-Ortsempfänger mit einer Dimensionierung der Kopplungsglieder (Funkbastler, 1926, Seite 537f.). | ||
* '''Aufbau:''' | * '''Aufbau:''' | ||
Zeile 78: | Zeile 79: | ||
[[Kategorie:Inventar]] | [[Kategorie:Inventar]] | ||
[[Kategorie:Fernmelde]] |
Aktuelle Version vom 25. April 2013, 14:57 Uhr
Grunddaten
Inventarnummer: | 220 |
Land: | Deutschland |
Hersteller: | Radiofrequenz GmbH, Loewe AG |
Baujahr: | 1926 |
Modell: | Loewe OE333 |
Beschreibung
Die Loewe Röhre 3NFB wurde durch ihre Verwendung für den Ortsempfänger OE333 bekannt und verbreitet – denn sie verfügte als erste Röhre über eine Art integrierten Schaltkreis. Die Röhre 3NFB wies einen Mehrfachröhrenaufbau auf. Mehrfachröhren unterscheiden sich von den Verbundröhren dahingehend, dass bei den Verbundröhren verschiedene Systeme in einen Kolben integriert sind und diese von einer gemeinsamen Kathode oder Heizung betrieben werden (Erb, 1997, Seite 235). Bei den Mehrfachröhren sind die verschiedenen Systeme mit separaten Kathoden bzw. Heizfäden ausgestattet (Erb, 1997, Seite 235). Demnach sind bei ihnen zwei oder mehr Röhrensysteme bei elektrischer Trennung mechanisch miteinander vereint. Die Mehrfachröhre verfügt über einen eigenen vollständigen Verstärker in der Röhre und ist vom Prinzip her ein Widerstandsverstärker. Loewe stellte zu Beginn 2 Modelle seiner Mehrfachröhren her, zum einen die Mehrfachröhre für Hochfrequenzverstärkung (2-stufiger aperiodischer Hochfrequenzverstärker) und zum anderen die Mehrfachröhre für die Niederfrequenzverstärkung. Die Niederfrequenzröhre umschloss den dreistufigen Widerstands-Ortsempfänger mit einer Dimensionierung der Kopplungsglieder (Funkbastler, 1926, Seite 537f.).
- Aufbau:
Wie in Abbildung 1 und 2 sichtbar ist, sind links und rechts die beiden Röhrensysteme (R1 & R2) zu erkennen, welche gleichzeitig auch Doppelgittersysteme darstellen (1 Anode, 2 Gitter, 1 Heizfaden), dazwischen befinden sich zwei Hochohmwiderstände (W1 & W2) und ein Blockkondensator (C) (Funkbastler, 1926, 537f.).
Die Zusammenschaltung ist in Abbildung 3 zu sehen und beruht auf einen aperiodisch gekoppelten Zweifach-Hochfrequenzverstärker mit Doppelgittersystemen in der Raumladungsgitterschaltung (Funkbastler, 1926, Seite 537f.). In der Abbildung daneben ist ein Schaltbild des Ortsempfängers OE333 zu sehen.
- Geschichtliches bzw. der Weg zur Röhre 3NFB
Mit der Entwicklung der Röhre wurde erstmals das Prinzip der Verstärkung verwirklicht. Das bedeutete die Verstärkung elektrischer Wechselströme von den niedrigsten bis zu den höchsten Frequenzen, von den längsten bis zu den kürzesten Wellen. Später wurde die Röhre durch den Transistor ersetzt.
Als einer der direkten Vorgänger der Elektronenröhre ist die Erfindung von Thomas Alva Edison Glühlampe zu sehen (Erb, 1997, Seite 27). Bei seinen Versuchen zur Entwicklung der Glühlampe entdeckte er die Glühemission, was beinhaltete, dass der Elektronenfluss zwischen Glühfaden und Elektrode mit dem Heizstrom zunahm. Diese Gesetzmäßigkeit wird Edison-Richardson-Effekt genannt. Interessant an dieser Stelle ist, dass in der unterschiedlichen Fachliteratur auch der englische Physiker Swan auftaucht und noch vor Edison eine technisch brauchbare Glühlampe gebaut haben soll. Die folgenden Patentstreitigkeiten zwischen Edison und Swan fielen zu Gunsten von Edison aus, so dass sich Swan gezwungen sah zusammen mit Edison die Beleuchtungsgesellschaft Edison & Swan United Electric Company in London zu gründen (Erb, 1997, Seite 27). Der ehemalige Mitarbeiter Edison Fleming wurde 1899 technischer Berater der Marconi`s Wireless Company Ltd. und baute, beauftragt mit der Forschung an Empfängern, zusammen mit seinem Assistenten einen Versuch auf um zu prüfen, ob der Gleichrichtereffekt auch bei Hochfrequenz eintritt. Es wurde ein Oszillator mit zwei Leidenerflaschen und einem Empfangskreis aufgebaut. Bei dem Versuch stellten die beiden fest, dass die Nadel des Galvanometers tatsächlich Strom aufwies und entdeckten somit die erste Radioröhre. Den beschriebenen Gleichrichter-Aufbau nennt Fleming Oscillation Valve und bekommt am 21.09.1905 das Patent mit der Nummer 24850 für seine Röhrendiode ausgehändigt. Bei folgenden Versuchen optimiert er seine Röhre, indem er eine ideale Übereinstimmung von Vakuum, Heizstrom und Kathodenmaterial entwickelt, welche zu einem sensiblen Detektor führen (Erb, 1997, Seite 199).
Der englische Physiker John Ambrose beschäftigte sich mit dem Edison-Richardson-Effekt und erkannte dabei, dass dieser auch zur Detektion bzw. Gleichrichtung genutzt werden kann. Die Gleichrichterröhre für Starkstrom war geboren (Erb, 1997, Seite 198).
Einen weiteren Meilenstein bei der Entwicklung hin zu den Röhren setzte der bereits genannte Physiker Robert von Lieben mit seiner nach ihm benannten Liebenröhre. Die Liebenröhre ist eine quecksilberdampfgefüllte Verstärkerröhre mit zwei Elektroden und elektrostatischer oder elektromagnetischer Beeinflussung von außen. Lieben setzte sich die Verstärkung des elektrischen Signals zum Ziel. Fast gleichzeitig entdeckte Lee De Forest die Audionröhre, eine gasgefüllte Röhre, welche über eine zusätzliche dritte Elektrode als Steuergitter verfügte und meldete diese Entdeckung zum Patent an. De Forest erkannte zu dieser Zeit nicht, dass seine Röhre auch zu Verstärkerzwecken genutzt werden konnte. Otto von Bronk, Angestellter bei Telefunken, meldete am 03.09.1911 die Triode als HF-Verstärker zum Patent an (Erb, 1997, Seite 200). Erst ab 1912 nutzte De Forest diese Verstärkereigenschaft und stellte noch im gleichen Jahr der Firma Bell Telephone Laboratories seinen Röhrenverstärker vor. Nur gut 1 Jahr später wurde dieser dann markttauglich produziert, indem es gelang in den Röhren ein Hochvakuum zu erzeugen.
In den folgenden Jahren forschten viele internationale und nationale Wissenschaftler auf dem Gebiet der Röhren und sie stetig verbessert. Wie bereits erwähnt, produzierte De Forest ab 1909 praktische Röhren mit mehrfachen Heizfäden, anschließend folgten Cunningham, Audiotron und Moorhead (Erb, 1997, Seite 235). Allerdings verfügten all diese Röhren noch über keinen Sockel. Erst 1922 brachte Moorhead mit der „A-P Two-In-One“ eine Röhre mit zwei parallelen Systemen und normalem UV-Sockel auf den Markt. In den USA wäre hier als Vorreiter die Firma Apco zu nennen, in Großbritannien Phillipps Valves Ltd. und die Nelson Electric Co. Ltd.. Bereits am 1917 experimentierte die Firma Telefunken mit großen Gleichrichterröhren für Starkstromzwecke als Hochvakuumröhren und stellte 1923 mit der Serie RG63-RG66 Mehrfachröhren vor. In Folge von Verbesserungen erhielt Huth 1924 für den Einbau eines Spannungsleiters in eine solche Röhre ein Patent und 1925 Loewe für den Einbau von Bauteilen ein Patent (Erb, 1997, Seite 235).
1926 wurde dann endlich die erste Mehrsystemröhre von Manfred von Ardenne und von Siegmund Loewe entwickelt. Die ersten dieser Röhren hießen 2HF und 3NF. Unter einer Mehrfachröhre versteht man Röhren mit verschiedenen Systemen die mit separaten Kathoden bzw. Heizfäden konstruiert sind (Erb, 1997, Seite 235). Die sogenannte Dreifachröhre war geboren. Neu ist, dass die Mehrsystemröhren, neben den drei Triodensystemen, auch vier Widerstände und zwei Kondensatoren beinhalten. Die Röhre 3NF verfügte als erste Röhre über einen „integrierten Schaltkreis“.
- Der OE333 liefert die Grundlage der deutschen Radioindustrie
1926 brachte Loewe seinen Ortsempfänger OE333 auf den deutschen Markt und lieferte damit erstmals ein massentaugliches Radioempfangsgerät. Schließlich war der OE333 wesentlich günstiger als auch einfacher zu bedienen als die sonst am Markt zu bekommenen Geräte.
Der Weg bis zu dieser Markteinführung gestaltete sich, wie schon im Vorherigen deutlich geworden, als schwierig. Unter anderem war die Röhrentechnik hauptsächlich für die Nachrichtentechnik vorgesehen, denn die Unterhaltungsbranche spielte zu dieser Zeit noch keine Rolle. Weiter gestaltete es sich nach dem 1. Weltkrieg für viele deutsche Firmen, wie Telefunken, als schwierig ihren Betrieb aufrecht zu erhalten. Reparationszahlungen und die aufgelegte Friedensproduktion sind die Gründe. Denn in der Anfangszeit der Röhrentechnik war diese hauptsächlich für die Nachrichtentechnik verwendet worden, mit dem Schwerpunkt Militär. Damit erklärte sich die schwierige wirtschaftliche Situation der betroffenen Unternehmen. Außerdem erschwerten Patentstreitigkeiten der einzelnen Erfinder die schnelle Entwicklung und Durchsetzung von neuen und innovativen Techniken. Teilweise war es schier unmöglich heraus zu bekommen, welcher Wissenschaftler als erstes auf die einzelnen Ideen kam. Damit einhergehend konnten viele Forscher zu der damaligen Zeit nicht auf das bereits erworbene weltweite Wissen in Bezug auf die Röhrentechnik zugreifen. Firmen und Unternehmen sahen selten die wissenschaftliche Bedeutung ihrer Erfindungen und den damit einhergehenden Patenten im Vordergrund, sondern vielmehr eine effektive wirtschaftliche Auswertung.
Zu Zeiten des deutschen Kaiserreichs wurde die drahtlose Telegrafie vom Staat und vom Militär sehr gefördert (Steiner, 2005, Seite 50). 1911 wurde für den Betrieb und die Errichtung von Schiffs- und Küstenfunkstationen die Deutsche Betriebsgesellschaft für drahtlose Telegrafie mbH gegründet (Steiner, 2005, Seite 51). An eine drahtlose Nutzung der Telegrafie für das Volk in Form von Unterhaltung war damals jedoch noch nicht zu denken. Für die Erzeugung schwach gedämpfter Schwingungen benutzte Telefunken ab 1908 Löschfunkensender und ab 1911 Verstärkerröhren. Telefunken verfügte diesbezüglich über bedeutende Patente und eine starke Marktposition. Nach dem 1. Weltkrieg änderte sich dies allerdings, da Patente ins Ausland enteignet worden waren, Produktionsstätten zerstört wurden und wirtschaftliche Bestimmungen aus dem Versailler Vertrag die Firma Telefunken zunehmend vom Markt drängten. Allerdings konnte sich Telefunken zu Beginn des Jahres 1919 wieder effektiv an dem deutschen Funkbetrieb beteiligen. Ende 1918 bildete sich die Reichsfunkkommission (später Reichsfunkbetriebsverwaltung), welche sich aus Vertretern der Reichsämter, der Zentralfunkleitung und Repräsentanten der verschiedenen Funkervereinigungen zusammensetzt und zum Ziel hatte, die jeweiligen beruflichen Interessen zu vertreten. Telefunken gelang es, 2 Abgesandte aus ihren eigenen Reihen in diese Kommission zu integrieren. Dazu wurde der kaufmännische Derektor Telefunkens Hans Bredow mit der Leitung dieser Kommission beauftragt. Die damalige Reichspost war für die Vergabe von Sende- und Empfangsgenehmigungen zuständig und sah eine politische Gefahr darin, an Soldaten oder Bürger Genehmigungen zu erteilen (Steiner, 2005, Seite 51ff.). Neben Telefunken setzte sich die deutsche Funkindustrie zu jener Zeit aus den beiden Firmen C. Lorenz AG Telephon- und Telegraphen Werke, Eisenbahnsignal-Bauanstalt (Lorenz) und der Dr. Erich F. Huth Gesellschaft für Funkentelegrafie mbH zusammen. Die Loewe AG gründete sich später im Jahr 1923 (Steiner, 2005, Seite 54).
Die beschriebene anfängliche Verwendung ausschließlich für die Nachrichtentechnik in Verbindung mit dem Schutz des Nachrichtengeheimnisses erschwert die anfängliche Durchsetzung der Empfangs- und Sendegeräte am Markt erheblich. Daher kann, wie schon oben genannt, die Einführung des OE333 als die Kehrtwende in der deutschen Rundfunkindustrie gesehen werden. Die erste deutsche Unterhaltungsrundfunksendung wurde allerdings schon 3 Jahre vor der Einführung, und zwar am 29. Oktober 1923, ausgestrahlt und gilt als die Geburtstunde der unterhaltungselektronischen Industrie in Deutschland (Steiner, 2005, Seite 43).
- Quellen:
- Ernst Erb (1997): Radios von gestern; M + K Computerverlag AG Luzern
- https://ssl.cms.hu-berlin.de/radio/,DanaInfo=www.nonstopsystems.com+antenna-mehrfach.pdf; Zugriff: 01.04.2011 / Artikel: Funkbastler (1926): Die neuen Mehrfachröhren; Fachblatt des funktechnischen Vereins zu Berlin, des deutschen Radioclubs zu Berlin und des sueddeutschen Radioclubs zu München, Heft 44 1926
- Kilian J. L. Steiner (2005): Ortsempfänger, Volksfernseher und Optaphon - Die Entwicklung der deutschen Radio- und Fernsehindustrie und das Unternehmen Loewe, 1923 – 1962; Klartext Verlag Essen
-- SebastianDoering - 06 Jul 2010