Maʿrūf (das bekannte Gute): Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wege zu einer Ethik

Wechseln zu: Navigation, Suche
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Keine Bearbeitungszusammenfassung
Zeile 6: Zeile 6:


== Hadithwissenschaft ==
== Hadithwissenschaft ==
In der Hadithwissenschaft wird ''maʿrūf'' als ein Fachterminus für die Einstufung der Authentizität eines Hadith benutzt. Es wird auch als ein Synonym für ṣaḥīḥ (gesund) gebraucht, mit der die Vertrauenswürdigkeit eines Hadith ausgedrückt werden soll. Als ein ''maʿrūf-''Hadith bezeichnet man auch eine Überlieferung, mit der ein vertrauenswürdiger Tradent einem schwachen Tradenten widerspricht. Die Überlieferung des schwachen Tradenten wird als ''munkar'' bezeichnet, dass gleichzeitig das Antonym von ''maʿrūf'' ist.<ref>Efendioğlu, Mehmet, „Ma‘rûf“, ''TDV İslam Ansiklopedisi'', Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2003.</ref>
In der Hadithwissenschaft wird ''maʿrūf'' als ein Fachterminus für die Einstufung der Authentizität eines Hadith benutzt. Es wird auch als ein Synonym für ''ṣaḥīḥ'' (gesund) gebraucht, mit der die Vertrauenswürdigkeit eines Hadith ausgedrückt werden soll. Als ein ''maʿrūf-''Hadith bezeichnet man auch eine Überlieferung, mit der ein vertrauenswürdiger Tradent einem schwachen Tradenten widerspricht. Die Überlieferung des schwachen Tradenten wird als ''munkar'' bezeichnet, dass gleichzeitig das Antonym von ''maʿrūf'' ist.<ref>Efendioğlu, Mehmet, „Ma‘rûf“, ''TDV İslam Ansiklopedisi'', Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2003.</ref>


== Adab-Literatur ==
== Adab-Literatur ==
Māwardī behandelt diesen Begriff detailliert in seinem Werk ''Adab ad-dunyā wa-d-dīn''. Dabei ordnet er neben ''aṣ-ṣila'' das ''maʿrūf'' als zweite Art des ''al-birr'' ein. ''Al-birr'' sei das fünfte Mittel (''sabab'') zur Erlangung von ''al-ʾulfa'' (Liebe und Harmonie). <ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', Beirut: Dār al-minhāǧ, 1434/2013, S. 294.</ref> ''Aṣ-ṣila'' definiert Mawardī als „das Spenden, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 294.</ref> ''Maʿrūf'' wird in zwei Arten unterteilt; ''al-maʿrūf al-qawlī'' wird als gute Rede und Liebe mit schönen Worten definiert. Dieses liege dem guten Charakter und der Natur des Menschen zugrunde.<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 322.</ref> Als ''al-maʿrūf al-ʿamalī'' wird die praktische Art bezeichnet. Māwardī erklärt diesen Begriff als „die Hilfe und das Einsetzen für den anderen.“ Dies liege dem Wunsch des Besten für die Menschheit und der Opferbereitschaft für das Wohl des Nächsten zugrunde.<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 323.</ref>
Maʿrūf spielt ebenfalls in der abad-Literatur eine wichtige Rolle. So sehen wir, dass Abū l-Ḥasan al-Māwardī (gest. 450/1058) diesen Begriff in seinem Werk ''Adab ad-dunyā wa-d-dīn'' detailliert bespricht. Zentral für das Denken al-Māwardīs ist ''al-ulfa'' (Liebe und Harmonie). Es gibt unterschiedliche Mittel (Sg. ''sabab''), die zur Liebe und Harmonie führen. Dazu gehört ''al-birr'' (!!!!ÜBERSETZUNG!!!!) als das fünfte Mittel, dass zur Liebe und Harmonie führt. ''Al-Birr'' hat nach al-Māwardī zwei Arten: Zum einen ''aṣ-ṣila'', (!!!!ERKLÄRUNG!!!!), und zum anderen ''maʿrūf''.<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', Beirut: Dār al-minhāǧ, 1434/2013, S. 294.</ref> ''Aṣ-ṣila'' definiert Mawardī als „das Spenden, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 294.</ref> ''Maʿrūf'' wird in zwei Arten unterteilt; ''al-maʿrūf al-qawlī'' wird als gute Rede und Liebe mit schönen Worten definiert. Dieses liege dem guten Charakter und der Natur des Menschen zugrunde.<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 322.</ref> Als ''al-maʿrūf al-ʿamalī'' wird die praktische Art bezeichnet. Māwardī erklärt diesen Begriff als „die Hilfe und das Einsetzen für den anderen.“ Dies liege dem Wunsch des Besten für die Menschheit und der Opferbereitschaft für das Wohl des Nächsten zugrunde.<ref>al-Māwardī, ''Adab ad-dīn wa-d-dunyā'', 323.</ref>


== Weiterführende Literatur ==
== Weiterführende Literatur ==

Version vom 6. Dezember 2021, 18:34 Uhr

Der Begriff maʿrūf stammt von dem arabischen Wort ʿirfān, und bedeutet lexikalisch „bekannt sein, allgemein anerkannt sein“.[1] Im koranischen Sprachgebrauch gibt es überwiegend das Gute bzw. Bekannte wieder. In der späteren kalām-Tradition ist maʿrūf als Fachbegriff speziell im ersten Teil des fünften Glaubensgrundsatzes der Muʿtalizitischen Theologie wiederzufinden, nämlich „Das Gebieten des Guten und Verbieten des Verwerflichen“.[2] In der Rechtstradition ist maʿrūf weniger präsent. Häufiger anzutreffen ist dagegen ʿurf, das von demselben Wortstamm ʿ-r-f wie maʿrūf stammt, aber etwas anderes wiedergibt, nämlich das Gewohnheitsrecht. ʿUrf ist etwas praktiziertes, besonders mit Expertenwissen; maʿrūf dagegen ist ein allgemein bekanntes Wissen bzw. eine solche Kenntnis über angemessene Handlungen.[3]

Koran und Hadith

Im Koran und Hadith wird maʿrūf benutzt, um eine gute und richtige Handlung, Meinung und Glaubensüberzeugung mit einem Begriff auszudrücken.[4] Ar-Rāġib al-Iṣfahānī (gest. erstes Viertel 5./11. Jahrhundert) definiert maʿrūf als „durch den Verstand und die Scharia für gut befunden“. [5] Maʿrūf kommt in dieser Form im Koran oft vor, wird aber nicht endgültig definiert. Kevin Reinhart fasst die Verse, in denen maʿrūf vorkommt, in drei Bedeutungskontexte zusammen: 1) Das Befehlen des Guten 2) Güte und Freundlichkeit, 3) Das richtige Handeln in komplexen Situationen.[6]

Hadithwissenschaft

In der Hadithwissenschaft wird maʿrūf als ein Fachterminus für die Einstufung der Authentizität eines Hadith benutzt. Es wird auch als ein Synonym für ṣaḥīḥ (gesund) gebraucht, mit der die Vertrauenswürdigkeit eines Hadith ausgedrückt werden soll. Als ein maʿrūf-Hadith bezeichnet man auch eine Überlieferung, mit der ein vertrauenswürdiger Tradent einem schwachen Tradenten widerspricht. Die Überlieferung des schwachen Tradenten wird als munkar bezeichnet, dass gleichzeitig das Antonym von maʿrūf ist.[7]

Adab-Literatur

Maʿrūf spielt ebenfalls in der abad-Literatur eine wichtige Rolle. So sehen wir, dass Abū l-Ḥasan al-Māwardī (gest. 450/1058) diesen Begriff in seinem Werk Adab ad-dunyā wa-d-dīn detailliert bespricht. Zentral für das Denken al-Māwardīs ist al-ulfa (Liebe und Harmonie). Es gibt unterschiedliche Mittel (Sg. sabab), die zur Liebe und Harmonie führen. Dazu gehört al-birr (!!!!ÜBERSETZUNG!!!!) als das fünfte Mittel, dass zur Liebe und Harmonie führt. Al-Birr hat nach al-Māwardī zwei Arten: Zum einen aṣ-ṣila, (!!!!ERKLÄRUNG!!!!), und zum anderen maʿrūf.[8] Aṣ-ṣila definiert Mawardī als „das Spenden, ohne eine Gegenleistung zu erwarten.“[9] Maʿrūf wird in zwei Arten unterteilt; al-maʿrūf al-qawlī wird als gute Rede und Liebe mit schönen Worten definiert. Dieses liege dem guten Charakter und der Natur des Menschen zugrunde.[10] Als al-maʿrūf al-ʿamalī wird die praktische Art bezeichnet. Māwardī erklärt diesen Begriff als „die Hilfe und das Einsetzen für den anderen.“ Dies liege dem Wunsch des Besten für die Menschheit und der Opferbereitschaft für das Wohl des Nächsten zugrunde.[11]

Weiterführende Literatur

  • Reinhart, A. Kevin, „What We Know about Maʿrūf“, in: Journal of Islamic ethics 1/1–2 (2017), 51–82.
  • Cook, Michael, Commanding right and forbidding wrong in Islamic thought, Cambridge: Cambridge University Press 2010.
  • Izutsu, Toshihiko: Ehtico-Religious Concepts in the Qurʾān, London: McGill-Queen’s University Press 2002.

Autor*innen und Quellenangaben

Dieser Artikel wurde verfasst von: Bahattin Akyol.


Quellen:

  1. Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch–Deutsch, Wiesbaden: Harrassowitz, 1985, S. 832.
  2. Gimaret, Daniel, „Muʾtazila“.Encyclopaedia of Islam, second edition. Leiden: Brill, 2012, Bd. 7, S.783–793.
  3. Reinhart, "What We Know about Maʿrūf", 63
  4. Efendioğlu, Mehmet, „Ma‘rûf“, TDV İslam Ansiklopedisi, Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2003.
  5. al-Isfahānī, al-Mufradāt fī ġarīb al-Qurʾān, Beirut: Dār al-qalam, 1412/1991, S. 521.
  6. Reinhart, A. Kevin, „What We Know about Maʿrūf“, in Journal of Islamic ethics 1/1–2 : 2017, 71–80.
  7. Efendioğlu, Mehmet, „Ma‘rûf“, TDV İslam Ansiklopedisi, Istanbul: Türkiye Diyanet Vakfı Yayınları, 2003.
  8. al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, Beirut: Dār al-minhāǧ, 1434/2013, S. 294.
  9. al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 294.
  10. al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 322.
  11. al-Māwardī, Adab ad-dīn wa-d-dunyā, 323.