Kaffāra (Sühnehandlung, Buße)

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Das arabische Wort kaffāra (pl. kaffārāt) wird ins Deutsche unter anderem mit "Buße", "Sühne" oder "Wiedergutmachung" übersetzt. Es leitet sich von dem arabischen Verb kaffara ab, was unter anderem "büßen", "sühnen", "wiedergutmachen", "vergeben" oder auch "bedecken" und "verbergen" bedeutet.[1] Zusätzlich bezeichnet der Begriff kaffāra das Verbergen (sitr) von Missetaten oder Vergehen (ḏanb), was als eine Erleichterung (taḫfīf) durch Gott gilt.[2] Als Fachbegriff im Bereich des islamischen Rechts beschreibt kaffāra eine bestimmte Handlung, durch die eine Missetat oder ein Vergehen beglichen wird.[3]

Koran und Hadith

Sowohl im Koran als auch in den Hadithen gibt es zahlreiche Hinweise zu Sühnehandlungen. Koranische Beispiele sind Sühnehandlungen für den Schwurbruch (Q 5:89), für das Nichteinhalten einiger der rituellen Anforderungen des ḥaǧǧ (Q 2:196, Q 5:95) und für fahrlässige Tötung (Q 4:92). Konkret werden die Speisung und Bekleidung einer jeweils bestimmten Anzahl von Armen, die Freilassung eines Sklaven oder das Fasten für eine bestimmte Anzahl von Tagen als Sühne festgelegt.[4]

Zusätzlich zum Koran ist eine bedeutende Anzahl von Sühnehandlungen in Hadithen wiederzufinden. Es handelt sich hier um eine umfangreiche Gruppe von Normen. Die Liste umfasst Sühnehandlungen, die beispielsweise Verstöße gegen das Fasten im Ramadan oder das Fehlverhalten in der Moschee begleichen. Konkrete Sühnehandlungen sind dort beispielsweise die Reue, das Streben nach (religiösem) Wissen, das Fasten, häufige und zeitintensive Besuche in der Moschee, die richtigen Waschungen und das Gebet.[5]

Islamisches Recht

Im Bereich des islamischen Rechts beschreibt kaffāra eine Sühne- oder Versöhnungshandlungen, welche zur Vergebung von Fehlern von einer gewissen Schwere gewähren.[6] Eine solche Sühneleistung kann die Freilassung eines Sklaven (ʿitq), die Gabe von Almosen (ṣadaqa) oder das Fasten (ṣiyām) unter jeweils bestimmten Bedingungen sein.[7]

Bezüglich der Sühnetaten (kaffārāt) schreibt Abū l-Muẓaffar as-Samʿānī (gest. 489/1096) in seinem Qawāṭiʿ al-adilla fī l-uṣūl, dass diese ihren Veranlassungen beziehungsweise Ursachen (asbāb), wie Ehebruch (zinā), Diebstahl (sariqa), Verleumdung (qaḏf), Trinken von Wein (šurb al-ḫamr) oder Trunkenheit (sukr) zugewiesen würden. Weiterhin betont er, die Gemeinschaft sei einer Meinung darüber, dass die allgemein anerkannten gottesdienstlichen Handlungen (ʿibādāt), die Sühnehandlungen (kaffārāt) und die äußerste Grenze der vom Koran verbotenen Handlungen (ġayāt al-ḥudūd) auf den überlieferten autoritativen religiösen Texten (samʿ) beruhten. Es basiere auf der Ansprache Gottes (ḫiṭāb al-llāh), dass sie verpflichtet seien, denn Gott habe diese Veranlassungen beziehungsweise Ursachen bestimmt und sie zur Pflicht gemacht, die Sühneleistungen erfordern.[8]

Literatur

Quellenangaben

  • Chelhod, Joseph. "Kaffāra". https://referenceworks-brillonline-com.proxy.ub.uni-frankfurt.de/entries/encyclopaedia-of-islam-2/kaffara-SIM_3774?s.num=0&s.f.s2_parent=s.f.book.encyclopaedia-of-islam-2&s.q=kaffara Zugegriffen am 08.01.2021
  • As-Samʿānī, Abū l-Muẓaffar Manṣūr b. Muḥammad b. Qawāṭiʿ al-adilla fī l-uṣūl, Hg. Dr. Nāǧī as-Sawīd. Libanon: Al-Maktaba al-ʿAṣrīya, 2011.
  • Hans Wehr, Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch–Deutsch, Wiesbaden: Harrassowitz, 1985.

Weiterführende Literatur

  • Lange, Christian. "Sins, expiation and non-rationality in Ḥanafī and Shāfiʿī fiqh". In Islamic Law in Theory: Studies in Jurisprudence in Honor of Bernard Weiss, Hg. Kevin Reinhart und Robert Gleave. Studies in Islamic Law and Society, 37. Leiden/Boston: 2014.

Autor*innen und Referenzen

Dieser Artikel wurde verfasst von: Selma Schwarz

  1. Wehr, Arabisches Wörterbuch, S. 1110.
  2. https://al-maktaba.org/book/32558/568
  3. https://al-maktaba.org/book/32558/568
  4. https://al-maktaba.org/book/32558/568. Siehe hierzu auch Lange, "Sins", S. 143-175.
  5. https://al-maktaba.org/book/32558/568. Siehe hierzu auch Lange, "Sins", 6-8.
  6. Chelhod, Joseph. "Kaffāra".
  7. https://al-maktaba.org/book/32558/568
  8. Siehe as-Samʿānī, Qawāṭiʿ, S. 266: fa-ammā l-ʿibādātu l-maʿrūfatu wa-l-kaffārātu [...] wa-ġayātu l-ḥudūdi fa-qad ağmaʿat al-ummatu annahā samʿiyyatun [...] wa-huwa ḫiṭābu l-llāhi [...] bi-l-īǧābi [...] al-llāh taʿālā waḍaʿa hāḏihi l-asbāba wa-ǧaʿalhā mūğibatun.