Maṣlaḥa (Nutzen, Gemeinwohl)

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Ins Deutsche übersetzt bedeutet das arabische Wort maṣlaḥa unter anderem "förderliche Sache", "Heil", "Wohl", "Nutzen" oder "Interesse". Das Wort maṣlaḥa leitet sich von dem Verb ṣalaḥa ab, was unter anderem "gut sein", "richtig sein" und "zulässig sein" bedeutet.[1] Im Bereich des islamischen Rechts stellt maṣlaḥa ein Konzept des öffentlichen Interesses und des Gemeinwohls dar.[2]

Adab

Siehe Eintrag ṣalāḥ.

Islamisches Recht

Maṣlaḥa stellt im Bereich des islamischen Rechts ein Konzept des öffentlichen Interesses und des Gemeinwohls dar. So wird alles, was das menschliche Wohl fördert und was zur Abwendung von Schaden (mafsada) beiträgt, mit maṣlaḥa gleichgesetzt. Abū l-Maʿālī ʿAbdallāh al-Ğuwaynī (419/1028-478/1085) wird als der erste erwähnt, der seine Aufmerksamkeit auf das Konzept des maṣlaḥa lenkte. In den Schriften seines Schülers ein Lehrer Abū Ḥāmid Muḥammad ibn Muḥammad al-Ġazālīs (450/1058-505/1111) erschien die Idee des maṣlaḥa jedoch erstmals als ausgereiftes Konzept.[3]

In seinem Werk al-Mustaṣfā min ʿIlm al-Uṣūl legt al-Ġazālī dar, dass maṣlaḥa im engeren Sinne als die Förderung von Nutzen (manfaʿa) und die Abwendung von Schaden (maḍarra) definiert werden könne, was sich in dem Grundsatz der Herbeiführung des Nutzens oder der Abwehr des Schadens zeige.[4] Al-Ġazālī versteht jedoch maṣlaḥa in einem engeren Sinne. Seiner Meinung nach sei mit maṣlaḥa die Bewahrung der Zwecke der Offenbarung gemeint.[5] Zu den Zwecken der Offenbarung gehörten die Erhaltung der Religion (dīn), des Lebens (nafs), der Vernunft (ʿaql), der Nachkommenschaft (nasl) und des Besitzes (māl). Weiterhin schreibt al-Ġazālī, alles, was die Bewahrung dieser fünf Grundsätze umfasse, sei maṣlaḥa und alles was diese Grundsätze verfehle, sei eine Schlechtigkeit und ihre Abwehr sei maṣlaḥa.[6] Zu diesen fünf genannten Grundsätzen schreibt al-Ġazālī ergänzend, ihre Bewahrung falle in die Kategorie der Notwendigkeiten.[7]

Literatur

Quellenangaben

  • Al-Ġazālī, Abū Ḥāmid Muḥammad ibn Muḥammad. Al-Mustaṣfā min ʿIlm al-Uṣūl, Hg. ʿAbdallāh Salayt. Beirut: Al-Resalah, 1997.
  • Khadduri, Majid. "Maṣlaḥa". http://dx.doi.org.proxy.ub.uni-frankfurt.de/10.1163/1573-3912_islam_SIM_5019 Zugegriffen am 14.07.21.
  • Wehr, Hans. Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart. Arabisch–Deutsch, Wiesbaden: Harrassowitz, 1985.

Weiterführende Literatur

  • Kurnaz, Serdar. Maqāṣid aš-Šarīʿa. Die Maximen des islamischen Rechts. Berlin: EB-Verlag, 2014.
  • Opwis, Felicitas. Maṣlaḥa and the Purpose of the Law. Leiden: Brill, 2010.
  • Shihadeh, Ayman. The Teleological Ethics of Fakhr al-Dīn al-Rāzī. Islamic Philosophy, Theology and Science 64. Leiden/Boston: Brill, 2006.

Autor*innen und Referenzen

Dieser Artikel wurde verfasst von: Selma Schwarz.

  1. Wehr, Arabisches Wörterbuch, S. 722f.
  2. Khadduri. "Maṣlaḥa".
  3. Khadduri, "Maṣlaḥa".
  4. Siehe al-Ġazālī, Al-Mustaṣfā, S. 416: fa-hiya ʿibāratu fī l-aṣli ʿan ǧalbi manfaʿatin aw dafʿi maḍarratin.
  5. Siehe al-Ġazālī, Al-Mustaṣfā, S. 416f: naʿnī bi-l-maṣlaḥati l-maḥāfaẓatu ʿalā maqṣūdi š-šarʾi.
  6. Siehe al-Ġazālī, Al-Mustaṣfā, S. 417: fa-kullu mā yataḍammanu hifẓa hāḏihi l-uṣūli l-ḫamsati fa-huwa maṣlaḥatun wa-kullu mā yufawwitu hāḏihi l-uṣūli fa-huwa mafsadatun wa-dafʿuhā maṣlaḥatun.
  7. Siehe al-Ġazālī, Al-Mustaṣfā, S. 417: wa-hāḏihi l-uṣūlu l-ḫamsatu - ḥifẓuhā wāqiʿun fī rutbati ḍ-ḍarūrāti.