§84

Aus Hieroglyphisch-Ägyptische Grammatik

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Nominale Verbalformen als substantivische Verbalformen

(1) Beispiele

Nominale Verbalformen erlauben es einem ganzen Satz an Stellen zu stehen, an denen üblicherweise Substantive stehen. Man vergleiche z.B. die folgenden Fälle:

a) als Objekt einer Verbalform wie z.B. wḏ ‘befehlen’:

[Subjekt] [Objekt]
𓇋𓅱 𓎼𓂋‌𓏏 𓎗𓅱𓈖𓏝 𓍛𓏤𓆑 𓉐𓂋‌𓂋𓂻 𓂋 𓈉 (Allen 2010: 378)
jw grt wḏ.n ḥm⸗f prr(j) r ḫꜣs.t
ptkl ptkl befehlen:ant Diener:m.sg=3sg.m hervorkommen:nmlr.ipfv=1sg zu Ödland:f.sg
‘Seine Majestät hat befohlen, dass ich in das fremde Land gehe.’


b) als Subjekt eines Satzes (hier ohne Beispiel);


c) als Rhema im Nominalsatz:

[Rhema] [Thema]
𓂋‌𓏲𓏲𓂻𓆑 𓇓𓏲 𓊪‌𓏲 𓁷‌𓏤 𓏠𓈖𓂧‌𓂑𓄹𓆑 𓋁𓃀𓏭𓂢𓏏 (pEbers 101, 12)
rww⸗f sw pw ḥr mn{d}〈ḏ〉⸗f jꜣb.t(.ï)
entfernen:nmlr.ipfv=3sg.m 3sg.m dem.cop bei Brust:m.sg=3sg.m Osten:adjr.m.sg
(*‘Das ist, dass er sich entfernt von seiner linksseitigen Brust.’)
‘Es entspricht dem, dass es (i.e. das Herz) sich von der linken Brust entfernt.’
(Erklärung eines Diagnoseausdrucks)


d) als Thema eines Nominalsatzes (hier ohne Beispiel);


e) gleichzeitig als Thema und Rhema im sog. (verbalen) „Wechselsatz“ (vgl. den nominalen Wechselsatz, §63):

[Thema, NP1]
𓉐𓂋‌𓂋𓂻‌𓍿𓈖𓏥 𓂋 𓊪‌𓏏𓇯 𓅓 𓈖𓂋𓏏𓅭𓏥
prr⸗ṯn r p.t m nr.(w)t
hervorkommen:nmlr.ipfv=2pl zu Himmel:f.sg als Geier:f.pl
[Rhema, NP2]
𓉐𓂋‌𓂋𓂻𓀻 𓁷‌𓏤 𓆓𓈖𓎛𓁸𓏥𓍿𓈖𓏥 (Allen 2010: 387)
prr⸗j ḥr ḏnḥ.(w)⸗ṯn
hervorkommen:nmlr.ipfv=1sg auf Flügel:m.sg-pl=2pl
(Wörtl. etwa *‘Dass ihr als Geier zum Himmel hervorkommen, (ist), dass ich auf euren Flügeln hervorkomme.’)
Fliegt ihr gen Himmel als Geier, (so) reise ich auf euren Flügeln’
Wie der nominale Wechselsatz zwei identische Kern-Substantive hat (mk.t⸗mk.t-Rꜥ(w) ‘Dein Schutz ist der Schutz des Re’), so hat der verbale Wechselsatz zwei temporal identische Nominale Verbalformen, d.h. entweder zwei Imperfektive Nf. oder zwei Anteriore Nf. (oft aber nicht notwendigerweise von selben Verb), und drückt die Gleichzeitigkeit und Verbundenheit der Aktionen aus.


f) abhängig von/nach einer Präposition:

𓁹𓋴‌𓈖𓏥 𓈖𓎢 𓐍𓏏 𓎟𓏏 𓄤𓆑𓂋𓏏 𓂋𓂝𓇳𓏤𓎟
jr(y)⸗sn n⸗k (j)ḫ.t nb.t nfr.t rꜥ(w)-nb
machen:sbjv=3pl für=2sg.m Sache:f.sg jede:f gut:f.sg Re:m–jeder:m.sg
𓏇 𓌻𓂋𓂋 𓅡𓎢𓀀𓇋𓅓 (Allen 2010: 374)
mj mrr bꜣk-jm
wie wünschen:nmlr.ipfv Diener.m.sg–dort
(*‘Sie mögen dir täglich alles Gute tun, wie dass (es) Meine Wenigkeit wünscht.’)
‘Sie mögen dir täglich alles Gute tun, wie es Meine Wenigkeit wünscht.’


g) allein als Überschrift (isolierte Nominalphrase):

[Nominalphrase]
𓁹𓂋 𓊃𓀀 𓌻𓂋‌𓂋𓏏𓆑 𓅓 𓊼𓈉 (Allen 2010: 377)
jrr z(j) mrr.t⸗f m ẖr(.ït)-nṯr
machen:nmlr.ipfv Mann:m.sg wünschen:rel.distr:f=3sg.m in mit:adjr:f–Gott:m.sg
(*‘Dass ein Mann in der Nekropole tut, was er sich wünscht.’, zur zweiten Verbalform vgl. §101)
Wie ein Mann in der Nekropole tut, was er sich wünscht.’


(2) Konkurrenz

In dieser Funktion als substantivische Verbalformen stehen die Nominalen Verbalformen in arbeitsteiliger Konkurrenz zum (modalen/nachzeitigen) Subjunktiv (vgl. §39) und zum (typischerweise subjektlosen, tempuslosen) Infinitiv (dazu später §92):

𓁹𓈖𓋴 jr(j).n⸗s dass sie gehandelt hat’ Anteriore Nominalform
𓁹𓂋𓋴 jrr⸗s dass sie handelt’ Imperfektive Nominalform
𓁹𓋴 jr(y)⸗s dass sie handeln soll’ Subjunktiv
𓁹𓏏 jr(j).t ‘das Handeln’ Infinitiv
𓏏𓍃𓈖𓋴𓁹 tm.n⸗s jr(j.w) dass sie nicht gehandelt hat’ Neg. Anteriore Nominalform
𓏏𓍃𓋴𓁹 tm⸗s jr(j.w) dass sie nicht handelt’ Neg. Imperfektive Nominalform
𓏏𓍃𓋴𓁹 tm⸗s jr(j.w) dass sie nicht handeln soll’ Neg. Subjunktiv
𓏏𓍃𓁹 tm jr(j.w) ‘das Nicht-Handeln’ Neg. Infinitiv

Literaturhinweise

Allen (²2010: ch. 25.3–4, 25.12); Schenkel (⁵2012: Kap. 7.3.1.1.2,4,6, 8.3.4.3); Werning (2014b: §6).

Siehe Bibliographie (teilweise mit Links zu online verfügbaren Werken).


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Daniel A. Werning. 26.7.2018. "§84", Digitale Einführung in die hieroglyphisch-ägyptische Schrift und Sprache, Humboldt-Universität zu Berlin, http://hdl.handle.net/21.11101/0000-0007-C9C9-4?urlappend=index.php?title=%C2%A784%26oldid=706 (Zugriff: 1.12.2024).

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