Quelltext der Seite §33

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==Die Haupttempora: „Imperfektiv“ {{U|sḏm(⸗f)}}, „Anterior“ {{U|sḏm.n(⸗f)}} und „Subjunktiv“ {{U|sḏm(⸗f)}}==

Die drei Haupttempora des klassischen Mittelägyptisch sind der „Imperfektiv“, der „Anterior“ und der „Subjunktiv“. Das Subjekt steht im Mittelägyptischen (anders als im Deutschen) immer <i>hinter</i> der Verbform, z.B. {{U|sḏm nṯr}} ‘der Gott höre’. Handelt es sich beim Subjekt um ein Personalpronomen, so klebt dieses in Form eines Suffixpronomens ([[§28]]) direkt hinten am Verb, z.B. {{U|sḏm⸗f}} ‘er höre’. Daher spricht man bei diesen Verbformen auch von der <b>„Suffixkonjugation“</b>. 



====(1) Bedeutung====

i) Der <b>Imperfektiv</b> ähnelt in erster Näherung dem deutschen <b>Präsens</b>, z.B. {{U|sḏm⸗j}} ‘(und) ich höre’. 

ii) Der <b>Anterior</b> ähnelt zwar sprachgeschichtlich in verschiedener Hinsicht dem deutschen Perfekt. Er kann aber im Deutschen genauso gut mit <b>Perfekt</b> wie mit <b>Präteritum</b> übersetzt werden, z.B. {{U|sḏm.n⸗j}} ‘(und) ich habe gehört; (und) ich hörte’.

iii) Der <b>Subjunktiv</b> ist eine <b>modal markiert</b>e Form. Sie beschreibt Handlungen, deren Realisierung von bestimmten Umständen abhängt. Der Subjunktiv lässt sich je nach Textzusammenhang (Kontext) in einer der folgenden Weisen übersetzen: z.B. {{U|sḏm⸗j}} ‘ich möge hören, ich soll hören, ich will hören’. Im Mittelägyptischen übernimmt der Subjunktiv darüber hinaus die Funktion des Futurs: ‘ich werde hören’.



====(2) Formen====

i) Der geschriebene Stamm des <b>Imperfektiv</b>s entspricht der im Wörterbuch zitierten Verbwurzel-Form. Ein schwacher Endkonsonant {{U|(j)}} erscheint nicht in der Schrift. 

ii) Der geschriebene Stamm des <b>Subjunktiv</b>s entspricht nur teilweise der im Wörterbuch zitierten Verbwurzel-Form. Ein <b>schwacher Endkonsonant {{U|(j)}}</b> erscheint in der Schrift <b>meist nicht</b>, fallweise wird aber ein <b>{{U|y}} ({{H|𓇋𓇋}})</b> geschrieben; z.B. Wörterbuchform {{U|jr(j)}}, Subjunktiv {{U|jr}} oder {{U|jry}}. Bei denjenigen dreikonsonantigen Verben, bei denen der letzte und der vorletzte Wurzelkonsonant gleich ist, d.h. bei Verben <b><i>secundae geminatae</i></b>, erscheint dieser Wurzelkonsonant in der Schrift aber <b>nur einmal</b> geschrieben, z.B. Wörterbuchform {{U|ꜣmm}}, Subjunktiv {{U|ꜣm}}. 

iii) Der <b>Anterior</b> hat eine <b>stammerweiternde Endung</b> (Suffix) {{H|𓈖}} <b>{{U|n}}</b>, die in der Transkription mit einem Punkt vom Stamm getrennt wird; z.B. Wörterbuchform {{U|sḏm}}, Anterior {{U|sḏm.n}}. Bei Verben, die mit einem Klassifikator geschrieben werden, erscheint das {{U|n}} in der Regel <b>hinter dem Klassifikator</b>. Der geschriebene Stamm des Anteriors vor dem {{U|n}} entspricht in den meisten Fällen der im Wörterbuch zitierten Form. Ein halbvokalischer Endkonsonant erscheint niemals in der Schrift. Bei Verben <i>secundae geminatae</i> erscheint dieser Wurzelkonsonant in der Schrift in der Regel nur einmal geschrieben.  

Beispiele:

{| class="wikitable"
! Stark  !! IIae geminatae  !! IIIae infirmae  !! {{U|rḏ(j)}}  !! {{U|jw(j)}}/{{U|jj(j)}}
|-
! colspan="5"|Imperfektiv {{U|sḏm}}({{U|⸗f}})
|-
| {{H|𓄔𓅓}} || {{H|𓄿𓅓𓅓𓂬}} || {{H|𓁹}} || <b>{{H|𓂞}}</b> || {{H|𓂻𓅱}} oder {{H|𓇍𓇋𓂻}}
|-
| {{U|sḏm}}  || {{U|ꜣmm}}  || {{U|jr(j)}} || {{U|ḏ(j)}}  (ohne {{U|r}}!) || {{U|jw(j)}} oder {{U|jj(j)}}
|-
|  ‘hört’  || ‘packt’  || ‘macht’ || ‘gibt’ || ‘kommt’ 
|-
! colspan="5"|Subjunktiv {{U|sḏm}}({{U|⸗f}})
|-
| {{H|𓄔𓅓}} || {{H|𓄿𓅓𓂬}} || {{H|𓁹}} oder  <b>{{H|𓁹𓇋𓇋}}</b> || <b>{{H|𓂞}}</b> || {{H|𓂻&zwnj;𓅱𓏏}}
|-
| {{U|sḏm}}  || {{U|ꜣm}} || {{U|jr(j)}} oder {{U|jr<b>y</b>}}  || {{U|ḏ(j)}}  (ohne {{U|r}}!) || {{U|jw<b>t</b>}}  (mit extra {{U|t}}!)
|-
| ‘möge/wird hören’  || ‘möge/wird packen’  || ‘möge/wird machen’ || ‘möge/wird geben’  || ‘möge/wird kommen’
|-
! colspan="5"|Anterior {{U|sḏm.n}}({{U|⸗f}})
|-
| {{H|𓄔𓅓𓈖}} || {{H|𓄿𓅓𓂬𓈖}} || {{H|𓁹𓈖}} || {{H|𓂞𓈖}} oder {{H|𓂋𓂞𓈖}}  || {{H|𓇍𓇋𓂻𓈖}} oder {{H|𓂻𓅱𓈖}}
|-
| {{U|sḏm<b>.n</b>}}   || {{U|mꜣ<b>.n</b>}}   || {{U|jr(j)<b>.n</b>}} || {{U|ḏ(j).n}} oder {{U|<b>r</b>ḏ(j).n}} || {{U|jj(j).n}} oder {{U|jw(j).n}}
|-
| ‘hat gehört, hörte’  || ‘hat gepackt, packte’  || ‘hat gemacht, machte’ || ‘hat gegeben, gab’ || ‘ist gekommen, kam’ 
|}



====(3) Unregelmäßigkeiten====

a) Die Subjunktive von {{U|jn(j)}} ‘bringen’ und {{U|jw(j)}}/{{U|jj(j)}} ‘kommen’ lauten nicht {{U|jn(y)}} bzw. {{U|jw(y)}}/{{U|jj(y)}}, sondern {{H|𓏎&zwnj;𓈖𓏏}} {{U|jn<b>t</b>}} bzw. {{H|𓂻&zwnj;𓅱𓏏}} {{U|jw<b>t</b>}}, mit einem zusätzlichen {{U|t}}.

b) Als Subjunktiv von {{U|mꜣꜣ}} ‘sehen’ erscheint neben dem zu erwartenden {{H|𓌴𓁹𓄿}} {{U|mꜣ}} auch eine Variante in der Schreibung {{H|𓌴𓁹𓄿𓈖}} {{U|mꜣ<b>n</b>}} (Transkription ohne Punkt!) ‘möge/wird sehen’, die nur äußerlich dem Anterior {{H|𓌴𓁹𓄿𓈖}} {{U|mꜣ.n}} (Transkription mit Punkt) ‘hat gesehen, sah’ gleicht. 

{{Literaturhinweise-Beginn}}
Allen (²2010: Kap. 18.1–3, 19.1–2, 20.1–2); Schenkel (⁵2012: Kap. 7.3.1.1.1, 7.3.1.1.3, 7.3.1.1.9); Schenkel (2000), Schenkel (2009), vgl. auch: Schenkel (2002)
{{Literaturhinweise-Ende}}

{{Zitieren}}

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